Alpha Productions 128
1 CD • 71min • 2007
09.08.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„Dieses Instrument hat gleich der Gamba 6 bis 7 Saiten. Der Hals ist sehr breit und dessen hinterer Teil hohl, wo neun oder auch zehn messingene und stählerne Saiten hinunter gehen, die mit dem Daumen berühret und geknippet werden; also zwar, dass zu gleicher Zeit, als man mit dem Geigenbogen auf den oben gespannten Darmsaiten die Hauptstimme abgeiget, der Daume durch das Anschlagen der unter dem Hals hinabgezogenen Saiten den Bass dazu spiele. Und eben deswegen müssen die Stücke besonders dazu gesetzt sein. Es ist übrigens eines der anmutigsten Instrumente.“ Mit diesen Worten stellt Leopold Mozart in seiner Violinschule 1756 das Baryton vor, auch Viola di Bordone oder Viola bardone genannt.
Joseph Haydns Dienstherr, Fürst Nikolaus „der Prachtliebende“ Eszterhazy dilettierte auf diesem Instrument und wünschte sich von seinem Kapellmeister Kompositionen für das Baryton. Die Werke sollten den Fähigkeiten des hohen Herren entsprechen, dabei aber auch musikalisch interessant sein – eine Aufgabe, die gar nicht so leicht zu lösen war. Die Legende will wissen, dass Haydn sich die Handhabung des Instruments in einigen Monate intensiven Übens angeeignet habe und von seinem Fürsten, dem er seine neuen Fähigkeiten stolz als Überraschung präsentierte, die kühle Antwort erhalten habe: „Man erwartet von Ihnen, dass Sie in diesen Dingen nichts ignorieren, Haydn.“ Haydn erinnerte sich seinem Biographen Albert Christoph Dies zufolge selbst an den Vorfall: „Ich habe sehr wohl verstanden, was mir mein Fürst mitteilen wollte, und obwohl ich anfangs von seiner Gleichgültigkeit enttäuscht war, so brachte mich diese Zurückweisung dazu, auf meine Hoffnung zu verzichten, mich als Barytonspieler auszuzeichnen. Ich erinnerte mich daran, dass ich schon einen gewissen Ruf als Kapellmeister hatte, aber nicht als Virtuose. Und indem ich mir Vorwürfe machte, sechs Monate lang das Komponieren vernachlässigt zu haben, ging ich mit neuer Begeisterung daran.“
Das war wohl auch besser so, denn die Virtuosität Seiner Durchlaucht war eher begrenzt, wie der spieltechnisch wenig komplizierte Barytonpart in Haydns 126 Trios beweist – und es wäre wohl nicht weise gewesen, dem hohen Herrn auf seinem Instrument Konkurrenz zu machen. Die Bescheidenheit Kaiser Josephs II., der Geige spielte und beim Quartettspiel immer einen Hofmusiker hinter sich Platz nehmen ließ, der einsteigen konnte, wenn es für die Majestät zu schwierig wurde, hat Fürst Nikolaus offenbar nicht besessen. Immerhin war er nicht geizig, wenn er zufrieden war; so ließ er einmal Haydn 12 Dukaten extra aus der Hofkasse für drei neue Stücke anweisen, die ihm sehr gefielen.
Die Vorgabe, einfach, aber interessant zu schreiben (die Stücke dieser CD beschränken sich auf die relativ einfachen Tonarten G-Dur und D-Dur bzw. die Paralleltonart h-Moll), setzte Haydn so erfolgreich um, dass schnell Bearbeitungen der Stücke für ein größeres Publikum angefertigt wurden – schließlich war das Baryton nie ein besonders verbreitetes Instrument. Arrangements der Barytontrios für Streichtrio, in denen die Violine das Baryton eine Oktave höher ersetzt, stellt das Ensemble Rincontro auf dieser CD vor. Die Pultführer des Café Zimmermann haben sich zu dem Kammerensemble vereinigt, das hier seine zweite CD-Veröffentlichung vorlegt. Mit Charme und Verve widmen sich die Musiker der Unterhaltungsmusik für Fürst Nikolaus den Prachtliebenden, so dass auch am Ende der etwas länger als eine Stunde dauernden CD keine Langeweile aufkommen will. Die drei Musiker von Ricontro unterstützen also bestens Haydns Ziel, reizvolle Musik mit einfachen Mitteln zu produzieren. Die ungarischen Kollegen, die vor bald 20 Jahren vier Trios einspielten (darunter glücklicherweise das D-Dur Trio Hob. XI:97 zum Direktvergleich mit dieser Aufnahme), setzen zwar ein echtes Baryton ein, gehen die Stücke jedoch ziemlich hausbacken an. Der charmante näselnde Gambenklang und die silbrig tönenden Bordunsaiten mögen eine Zeit lang Charme verbreiten, für ein längeres Hörvergnügen mit Haydns Barytontrios würde man aber sicher eher zur Einspielung des Ensembles Rincontro greifen.
Vom Klangbild her präsentiert sich die neue CD bestens, hier kommt ein Vergleich mit der mulmig klingenden 20 Jahre alten Hungaroton-Aufnahme aus Gründen der Fairness eigentlich nicht in Frage.
Vergleichsaufnahmen: Haydn: Baryton-Trios H XI Nr. 45, 97, 109 und 113; Balázs Kakuk (Baryton), Péter Lukács (Viola), Tibor Párkányi (Violoncello). CD: HCD 31174.
Detmar Huchting [09.08.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Joseph Haydn | ||
1 | Trio Hob. XI:80 für Baryton, Violine und Violoncello | 00:08:26 |
4 | Trio Hob. XI:85 für Baryton, Violine und Violoncello | 00:08:04 |
7 | Trio Hob. XI:14 für Baryton, Violine und Violoncello | 00:11:20 |
10 | Trio D major Hob. XI:97 for Baryton, Violin and Violoncello | 00:17:51 |
17 | Trio Hob. XI:59 für Baryton, Violine und Violoncello | 00:08:49 |
20 | Trio Hob. XI:96 für Baryton, Violine und Violoncello (1771) | 00:12:29 |
23 | Adagio D-Dur | 00:03:56 |
Interpreten der Einspielung
- Rincontro (Ensemble)