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Besprechung CD/SACD

Ondine ODE 1090-5

1 CD/SACD • 54min • 2006

10.03.2008

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Die geradezu hemmungslose Schönheit der Manhattan Trilogy, die Einojuhani Rautavaara 2004 komponiert hat, die beglückenden Melodien und harmonischen Wirkungen, die sich „an das Gefühl, und nicht an den Verstand“ wenden, wie das Richard Wagner einst seinen Freunden mitteilte – all das klingt, als sei die Zeit stehengeblieben und als habe es den ganzen Witz und Aberwitz der letzten fünfzig oder sechzig Jahre nicht gegeben: Wer eine Partitur wie diese schreibt, der muß sich nicht mehr rechtfertigen und hat es gewiß nicht nötig, für die internationale Kritik oder jene theoretischen Dünnbrettbohrer zu schreiben, an deren Gunst und Segen alles gelegen war ...

Folgen wir aber dem sympathischen Weg, den der inzwischen fast 80-jährige Rautavaara in seinem späteren Schaffen eingeschlagen hat, dann werden wir bald eine eigentümliche Entdeckung machen: daß wir uns fast ein bißchen „unsittlich” oder „unanständig” fühlen, wenn wir über eine Musik der aktuellen Gegenwart in Begriffen aus der historischen Mottenkiste schwärmen. Zu lange hat man uns in den Ohren gelegen von der „Verantwortung des Komponisten“ (hinter der sich das genaue Gegenteil verbarg), zu viel vom „Stand des Materials“, hinter den man nicht zurückfallen dürfe, von der Notwendigkeit, aufzurütteln, zu schockieren, in den untersten Schubladen geistiger Abartigkeiten herumzuwühlen – zu lange also ist uns das eingeblasen worden, als daß sich die falschen Vorstellungen so einfach abschütteln ließen.

Leif Segerstam hat das Problem sehr klar erkannt. Sonst hätte er neben die Manhattan Trilogy wohl kaum Rautavaaras dritte Sinfonie gestellt, einen Versuch des Jahres 1961, über serielle Konstruktionen hinwegzutäuschen und eine Versöhnung mit der Romantik vorzugaukeln, die freilich ganz so klingt, als wolle jemand nach einem schweren Unfall in der Reha-Klinik wieder den Gebrauch der Beine lernen: Mühsam wie an Krücken hangelt sich die Musik mit dem Hornruf aus Anton Bruckners Romantischer voran, ohne daß wir am Ende zu sagen vermöchten, ob der Patient irgendwann einmal wieder wird laufen können. Es ist eine sehr raffinierte Art der Kritik und Selbstkritik zu einer Zeit, in der sich der damals 33-jährige Finne gleich den Strick hätte nehmen können, wenn er offen gegen den destruktiven Strom geschwommen wäre. Wohin er wollte, das sagen uns die neuesten Kreationen und Produktionen: die siebte und achte Sinfonie etwa, das Buch der Visionen und eben die Manhattan Trilogy. Man mag darin ein „zurück zu“ hören. In Wirklichkeit, so kommt es mir vor, äußert sich darin der sehnliche Wunsch, es möge doch endlich einer den historischen Irrtum beim Namen nennen und sich wieder darauf besinnen, daß man als schaffender Künstler mit seinem Publikum nicht umzugehen hat wie mit einem Hund, der an der falschen Stelle eine Pfütze gemacht hat.

Rasmus van Rijn [10.03.2008]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Einojuhani Rautavaara
1Manhattan Trilogy 00:20:11
4Sinfonie Nr. 3 00:33:24

Interpreten der Einspielung

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