Accent ACC 24188
1 CD • 64min • 2006
02.05.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Es ist historisch absolut korrekt, wenn Sigiswald Kuijken als Leiter von La Petite Bande die zwei Klavierkonzerte Joseph Haydns in G-Dur Hob. XVIII: 4 und F-Dur Hob. XVIII: 3 auf dem Cembalo ausführen läßt. Sein Solist Ewald Demeyere verfügt über Geläufigkeit und ein sicheres Timing in Bezug auf eine subtile Agogik; als vielzitierte barocke „Nähmaschine" erscheint das sehr resonante Cembalo keinesfalls. Zudem wählt Kuijken angenehm bedächtige, in sich ruhende, dabei jedoch auch durchaus gespannte Tempi und gesteht seinem Solisten dadurch viel Zeit zu, sich zu entfalten.
Dennoch stellt sich durch die Faktur und besonders durch die von Haydn gewählte Musiksprache die Frage, ob die beiden Klavierkonzerte nicht nach einem in puncto Anschlag und Farbgebung sensibleren Instrument verlangen. In jedem der Ecksätze überrascht Haydn mit plötzlichen, quasi theatralischen Eintrübungen, in welchen der musiksprachliche Diskurs der Empfindsamkeit aufgerufen wird; besonders aber in den langsamen Sätzen, dem Adagio des G-Dur-Konzertes bzw. dem Largo Cantabile des F-Dur-Konzertes, bietet das Cembalo als Instrument einfach nicht jene Modulationsfähigkeit, welche den Instrumentalgesang als erfüllt und tief empfunden wiedergibt – besonders deutlich wird das im Largo cantabile des F-Dur-Konzertes, das von einem zarten Violinsolo eingeleitet und damit als klassische Gesangsszene definiert wird. So ergibt sich ein unweigerlicher und rein in der Instrumentenwahl liegender Kontrast zwischen der vergleichsweisen Starrheit des cembalistischen Solisten und dem Modulationsreichtum des Orchesters, den man schon dadurch hätte abgemildern können, in dem man einen historisch ja auch durchaus akzeptablen Hammerflügel benutzt hätte.
Im Divertimento F-Dur Hob. II: 20 hingegen, in welchem kein Solist begleitet werden muß, kommt die Ausgeglichenheit der Petite Bande in allen Registern aufs Schönste zur Geltung; die Totale ist überaus durchsichtig gehalten, ohne daß der Streicherkörper je blaß klingen würde: Kuijken läßt mit Kraft, aber federnd musizieren, dabei tänzerisch, ohne je in Hektik zu verfallen, wie etwa in den beiden Menuetten des Divertimentos: In beiden Sätzen bleibt die ehemals höfische Herkunft im leicht gravitätischen Schreiten erhalten, wobei das intrikate metrische Spiel, wie es für Haydn so typisch ist, schon weit in die Zukunft weist.
Prof. Michael B. Weiß [02.05.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Joseph Haydn | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur Hob. XVIII:4 | 00:21:31 |
4 | Divertimento F-Dur Hob. II:20 für 2 Oboen, 2 Hörner, 2 Violinen, 2 Violen und Basso solo | 00:17:54 |
9 | Klavierkonzert Nr. 3 F-Dur Hob. XVIII:3 | 00:24:23 |
Interpreten der Einspielung
- Ewald Demeyere (Cembalo)
- La Petite Bande (Orchester)
- Sigiswald Kuijken (Dirigent)