Harem Les Fêtes du Seraïlles
Ludi Musici LM 002
1 CD • 74min • 2007
06.03.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Nach „Dream of the Orient“ und „The Waltz-Ecstasy & Mysticism“, beide bei der Archiv Produktion erschienen, legt Werner Ehrhardt hier sein drittes interkulturelles Projekt zwischen deutscher und türkischer Musik vor. Die Archiv Produktion der Deutschen Grammophon Gesellschaft war offensichtlich nicht zu gewinnen, Ehrhardts spannendem Reisekonzept zwischen zwei antipodischen Musikkulturen im Europa des 18. Jahrhunderts weiterhin in ihrem Programm Raum zu gewähren. Dabei hätte eine solche Konzeption bestens mit den programmatischen Grundvoraussetzungen harmoniert, mit denen die Archiv Produktion vor langer Zeit einmal bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft als musikwissenschaftlich fundamentierte Schallplattenserie an den Start ging.
Vergangene Zeiten, denen es nicht nachzutrauern lohnt, solange junge Firmen wie Ludi Musici das verwaiste Erbe mit begeistertem Elan aufnehmen und die Projekte der Musiker von ihrer Seite mit einem editorischen Aufwand begleiten, der einer Großfirma der Schallplattenindustrie alle Ehre machen würde. Bei denen wird Geld allerdings offensichtlich anderswo investiert als in liebevoll und aufwendig aufgemachte Textbeigaben, die mit reichlicher Bebilderung und sachverständigen Artikeln den am weitesten östlich gelegenen Teil im Europa des 18. Jahrhunderts heutigen Hörern verständlich machen. Das Osmanische Reich war nämlich damals durchaus ein Teil des europäischen Kräftesystems, allen kulturell verbrämten Disputen heutiger Tage über die Zugehörigkeit der Türkei zu Europa zum Trotz! Türkische Exotismen waren außerdem in der modernen Musik der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hohe Mode, wie die Musikbeiträge aus der Feder Mozarts und seines Mannheimer Freundes und Kollegen Christian Cannabich beweisen.
Werner Ehrhardt und Mehmet Cemal Yeilçay lassen mit exzellenten Musikern vor den Ohren ihres Publikums ein musikalisches Kaleidoskop lebendig werden, das dem europäischen Kontinent aus der eigenen, gar nicht einmal so fernen Kulturgeschichte eine Weite und Vielfalt gibt, von der heutige Multikultipropheten und Besucher der internationalen Restaurantszene unserer Städte nur träumen können und das hochnäsigen abendländischen Besserwissern eine Belehrung über die uralten Wurzeln der Kultur am Bosporus zu erteilen vermag. Und über allen Gegensätzen steht der verbindende Genuss musikalischer Harmonie in all ihrer Mannigfaltigkeit!
Detmar Huchting [06.03.2008]
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Interpreten der Einspielung
- Stephanie Elliott (Sopran)
- Georg Poplutz (Tenor)
- Bekir Ünlüataer (Gesang)
- Ensemble L'arte del Mondo (Ensemble)
- Pera-Ensemble (Ensemble)
- Werner Ehrhardt (Dirigent)