
OehmsClassics OC 594
2 CD • 1h 55min • 2006
15.02.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Es scheint so einfach, ja selbstverständlich, was Feldman da mit eigentlich wenigen Tönen erreicht! Aber wer sonst hätte den Mut besessen, ohne als „naiv“ oder „Dilettant“ zu gelten? Angesicht des verführerischen Slogans vom „historischen Materialstand“? Angesichts so blendend dynamisierter und super-strukturierter Ton-Tümmeleien, mit Hilfe derer Boulez oder Stockhausen aus Pianisten Non- und Nonolen-griffige Akrobaten gemacht hatten, mit einem interpretatorischen Rest-Hirn, das dann zwischen zwölf dynamischen Abstufungen unterscheiden durfte. Vergegenwärtigt man sich ein paar Sekunden so mechanisierter Musik, dann wird man noch umfassender die musikalische, pianistische und die geistige Leitung Sabine Liebners würdigen – und man wird zu Recht keine dieser rund 7000 Sekunden missen wollen, in denen Morten Feldman uns vorführt, dass es auch jenseits von Schuberts B-Dur-Sonate noch große Klaviermusik gibt, mit einigen Perspektiven, die sich im Unendlichen durchaus mit den Intentionen von Schuberts ausufernd „stillen“ Werken treffen. Nun, als Rezensent hat man nur die Chance, zu beschreiben, mit welcher rituellen Intensität und musikalischen Stimmigkeit hier ein Klang dem andern folgt, ohne dass der eine oder der andere der Versuchung zur Selbstdarstellung erliegt und damit die höchst empfindliche Architektur des Ganzen zum Einsturz bringt. Und dann wäre da noch dieses merkwürdige Paradox, dem sich ein Interpret dieser Musik stellen muss: dass sie auf der einen Seite in höchster Innenspannung und Stringenz zu interpretieren ist, dass aber das eigentliche Wesen der Musik im Spannungs- wie im Absichtslosen, im Aufgelösten liegt, im Nicht-Mehr- oder Noch-Nicht-Seienden, das sich in einem eigentümlichen rituellen Kreisen immer wieder neu dem Irdischen nähert und sich wieder entfernt und dabei den Hörer mitnimmt oder zurücklässt. Sabine Liebners Klavierspiel lebt und atmet hier so direkt und so glaubwürdig im Klingen, im „Berühren“ der Musik, dass sie auch in den großen weiten Bögen den Hörer emotional und rituell mitnimmt. Keine Frage, dass sie permanent „gestaltet“, es scheint aber so, als ob sie die Musik gleichermaßen pur und „unverletzt“ ließe... Symptome einer höchst souveränen, herausragenden Interpretation!
Hans-Christian v. Dadelsen [15.02.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Morton Feldman | ||
1 | For Bunita Marcus for Piano | 01:28:08 |
CD/SACD 2 | ||
2 | Palais de Mari for Piano (1986) | 00:26:22 |
Interpreten der Einspielung
- Sabine Liebner (Klavier)