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Besprechung CD/SACD stereo

Coviello Classics COV 30711

1 CD/SACD stereo • 70min • 2007

23.01.2008

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Daß Anton Bruckners neunte Sinfonie im vorliegenden Konzertmitschnitt aus der Aachener St. Nikolaus-Kirche nicht einmal siebzig Minuten dauert, wird zumindest die geduldige Spezies der Celebidachianer kaum überraschen – bis man darauf hinweist, daß die Aufnahme nicht nur die heiligen drei Sätze, sondern obendrein die (hier etwa zwanzigminütige) Rekonstruktion des Finales enthält: Dann dürfte klar sein, daß Marcus Bosch und sein Orchester das weithin bekannte Werk in einem Tempo absolvieren, das hohe Wellen schlagen könnte. Die Idee ist leicht nachzuvollziehen. Wenn das Adagio nicht, wie seit jeher gesagt wird, den Abschied des Komponisten vom Leben darstellt, dann wäre es kaum plausibel, eben diesen Teil in die Unendlichkeit zu dehnen und vom Publikum nach gut und gern fünfundzwanzig innigen Abgesangsminuten noch einmal die Konzentration für das wiederum keineswegs schmächtige Finale zu verlangen – ganz abgesehen davon, daß die Statik des gesamten Bauwerks ins Rutschen käme und den Hörer unter sich begrübe.

Andererseits muß freilich auch die Frage erlaubt sein, warum sich Bosch nicht an den ähnlichen Abmessungen und Relationen der achten Sinfonie orientiert und sich durch eine dezente Nachgiebigkeit im ersten, dritten und vierten Satz – das Scherzo ist über jede Debatte erhaben – in der Gegend der gewohnten eins-zwanzig eingepegelt hat? Ganz einfach: Weil das aufgrund des Finales nicht möglich gewesen wäre. Man kann es drehen und wenden, wie man will, kann auch dem Fleiß und der Findigkeit des internationalen Rettungsteams nur höchste Anerkennung zollen, wird aber, wenn man ganz ehrlich ist, wohl doch immer wieder zu dem Schluß kommen müssen, daß das, womit Anton Bruckner sein Lebenswerk krönen wollte, selbst dann nicht mehr wirklich „groß” geworden wäre, wenn er die Kraft gehabt hätte, es ganze ohne Lücken bis zum Doppelstrich durchzustehen. Oder auch: Daß er bei entsprechender physischer und vor allem psychischer Belastungsfähigkeit einen andern Endpunkt gesetzt hätte, bei dessen Aufführung die Hörer wirklich in die Knie sänken und die Himmel sich neigten.

Marcus Bosch versucht nun, dankenswerterweise anders als andere vor ihm, die inspirativen Defizite durch eine straffe Wiedergabe zu korrigieren. Damit landet er eben bei der besagten Spielzeit, die sich ganz zwangsläufig auf die vorherigen Sätze auswirken muß, wenn das Finale nicht erscheinen soll, als wäre eine reichlich bemessene Zugabe angepappt worden. Diese Konsequenz und die daraus resultierenden Spannungen sind es, die mir an dieser zugegebenermaßen ungewöhnlichen Einspielung besonders gefallen. Gewiß ist hier alles eine Hypothese. Wenn man sich auf diese einläßt, fährt man allemal weit besser als in früheren Unternehmungen dieser Art. Wohin es führen kann, wenn eine Rekonstruktion immer und immer wieder zerpflückt, diskutiert, redigiert und spekulativ interpretiert wird, hat uns schließlich Deryck Cooke mit seiner Mahler-Arbeit hinlänglich gezeigt. Einen solchen Rattenschwanz an Annahmen haben Marcus Bosch und das sinfonische Orchester aus Aachen jedenfalls mit Schwung und Elan vermieden.

Rasmus van Rijn [23.01.2008]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Anton Bruckner
1Symphony No. 9 d minor WAB 109 (Dem lieben Gott)

Interpreten der Einspielung

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