Hélène Grimaud
Beethoven
DG 477 6595
1 CD • 59min • 2006, 2007
07.11.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Hélène Grimaud ist intelligent, sie weiß sich auszudrücken, sie ist eine ansprechende Erscheinung. Ihr gelingt es mit dem Tenor Rolando Villazón im Fernsehen auskunftsreich durch eine Berliner Nacht zu streifen – und sie spielt rechtschaffen, auf die jeweiligen literarischen Anfragen bewusst eingehend, und dann zumeist auch befriedigend, gelegentlich auch begeisternd Klavier. Letzteres habe ich zwar noch nie erlebt, zumal mir die kürzliche TV-Präsentation des G-Dur-Konzerts von Beethoven unter der Leitung von Christoph Eschenbach in Erinnerung ist. Eine problematische, angestrengt hingebungsvolle Leistung ohne wirklich persönliche Momente in den Bereichen Artikulation, Dynamik und verfeinerter Fingermechanik. Ich wage das an dieser Stelle zu beklagen unter dem Eindruck dieses „Vierten“ in der DG-Aufnahme mit Mikhail Pletnev (477 6416), die ich (zusammen mit dem Konzert in B-Dur op. 19) zu den eigenwilligsten, faszinierendsten Leistungen der (Beethoven-)Interpretation aller Tage und Jahre herauszustellen wage.
Doch zurück zur Dresdner Grimaud-Vorstellung mit einer zuverlässig, im besten Sinne solide aufspielenden Staatskapelle. Die vielfältigen, leichtzüngigen Beteuerungen der Pianistin im Ohr, es ginge ihr um das ewig Neue, das Unverhoffte, das Unvergleichliche – also um Spontaneität –, vermisse ich im Verlauf des Es-Dur-Konzerts doch gerade das von ihr so gelenkig Verkündete. Wie viele Pianistinnen und Pianisten rund um den Erdball bewältigen diese Aufgabe nicht weniger couragiert, nicht weniger sicher als diese Hélène Grimaud?! Die Themen kommen und gehen in der Manier einer Geläufigkeit, die sich nichts zu Schulden kommen lässt. Die lyrischen Passagen zeigen Sinn für Kultur, will sagen: nichts ist übertrieben, nichts atmet schwerer als man es von einem gesunden Individuum erwarten darf. Aber es fehlt mir der entschiedene Zugriff, der Willen, wirklich zu zeigen, wo in dieser Klavierpartitur die Punkte, die Kommata, vor allem aber: die Ausrufungszeichen sind.
Mit der A-Dur-Sonate op. 101 – einer der schwierigsten, was den Tonfall, die musikantische Chemie zwischen Klassik und Romantik anbelangt! – gelingt Grimaud eine farbige, im zweiten Marcia-Satz rhythmisch elastische, insgesamt in den verschiedenen Gemütszuständen gut austarierte Wiedergabe. Es ist auch hier nichts Narkotisches in ihrem Vortrag, aber sie weiß zu gefallen. Das gilt auch für ihre Bekenntnisse in der mitgelieferten Bonus-DVD. Und wenn sie so sympathisch argumentiert, zögert man nicht, ihr jene Gefolgschaft zu leisten, die in Anbetracht des rein akustischen Erlebens nur schwer zu realisieren ist.
Peter Cossé † [07.11.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73 | 00:38:18 |
4 | Klaviersonate Nr. 28 A-Dur op. 101 | 00:20:58 |
Interpreten der Einspielung
- Hélène Grimaud (Klavier)
- Sächsische Staatskapelle Dresden (Orchester)
- Vladimir Jurowski (Dirigent)