LSO Live LSO0606
2 SACD • 1h 37min • 2006
20.11.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Manchmal könnte man glauben, es sei einem als Rezensent doch irgendwie möglich, einen günstigen Einfluß auszuüben: Nachdem ich wiederholte Male, zuletzt im verwichenen Frühjahr, äußerst despektierliche Dinge über die Klangkatastrophen der mir vorgelegten LSO Live-Publikationen hatte schreiben müssen, kommt mir jetzt eine Veröffentlichung in die Hände, bei deren Aufnahme scheinbar alle Einwände beherzigt wurden. Man merkt sofort, daß das Barbican doch ein großer Raum und nicht, wie uns die Aufnahmetechnik früher hat glauben machen, eine wattierte, schalltote Fläche ist. In diesen tatsächlich sehr wohligen Raum betten Sir Colin Davis, das London Symphony Orchestra und der Tenebrae Choir nun das bezaubernde Berlioz-Oratorium tatsächlich wie ein Juwel auf schwarzsamtenem Kissen.
Doch bevor mir im Größenwahn der Kamm schwillt, sage ich gleich, daß der Live-Mitschnitt im vorigen Dezember entstand – bevor man die Möglichkeit gehabt hätte, meine rüden Rüffel zu registrieren. Was mir egal sein kann angesichts der wunderbaren Darstellung, die dem
mitunter allzu anämisch angegangenen Stück hier zuteil wird: Wenn sich nach gut anderthalb Stunden der klingende Vorhang senkt (dankbar wird das Fehlen jeglichen Beifalls aufgenommen), dann haben es die Ausführenden im Dienste des Komponisten vermocht, jene tiefe, schlichte, echte Ergriffenheit zu erzeugen, über die unsere modernen Comedianten so gern dümmliche Witze reißen, weil sie ihnen längst abhanden gekommen ist ...
Mir soll’s deswegen nicht die Wahrnehmungskanäle verkleistern. Natürlich habe ich die kleinen, nur ganz gelegentlichen Wackler des ansonsten fabelhaft eingesetzten Evangelisten gehört; natürlich mußte ich bei dem anfangs etwas schroffen Gezupfe im Trio für zwei Flöten und Harfe an Alois Hingerl, Dienstmann Nr. 172, und seine lärmende Art des Frohlockens denken; und natürlich wird einem nicht entgehen, daß Sir Colin im Laufe der Aufführung(en) am Pult immer vernehmlicher „barbirollisiert” bei seinem Bemühen, die Spannung der Musik und Handlung aufrecht zu erhalten. Doch es lohnt nicht einmal, gegen diese kleinen Abzüge all das aufzurechnen, was dieses Dokument so besonders macht – die exzellente Solobesetzung, die schönen Chorszenen, in denen es förmlich bebt und glüht, der beinahe vollendete Bogen, auf dem man, umgeben von mitreißenden Kostbarkeiten, dahingetragen wird, und endlich die neuerliche Bestätigung, daß Colin Davis auch heute noch einer der ganz großen Berlioz-Interpreten ist. So gehört, sollten wir L’Enfance du Christ auf keinen Fall vergessen.
Rasmus van Rijn [20.11.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Hector Berlioz | ||
1 | The Childhood of Christ op. 25 (Oratorio in three parts, 1850/1854) |
Interpreten der Einspielung
- Yann Beuron (Tenor)
- Karen Cargill (Mezzosopran)
- William Dazeley (Bariton)
- Matthew Rose (Bass)
- Tenebrae (Chor)
- London Symphony Orchestra (Orchester)
- Sir Colin Davis (Dirigent)