LSO LSO0605
1 CD • 59min • 2005, 2006
02.05.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Es geht mir auch dieses Mal nicht darum, einem Künstler, dem wir in den letzten Jahrzehnten wirklich viel zu verdanken hatten, am Zeug zu flicken. Doch da die Verantwortlichen der LSO Live-Serie offenbar nicht in der Lage sind, nur die guten Mitschnitte ins Töpfchen zu tun, und da es überdies den „Tongesellen” nicht gegeben scheint, dem fast durchweg topfigen Klangbild der Barbican Hall einen glücklicheren Anstrich zu verleihen, sehe ich nicht ein, warum ich nach dem, was ich bereits über die Symphonie fantastique und den Kullervo geäußert habe, jetzt auf einmal anders denken oder hören sollte. Wieder entsteht der akustische Eindruck, es hockten eine Reihe voneinander isolierter Gnome mit ihren Instrumenten auf meinem Schreibtisch und versuchten, so etwas wie orchestralen Zusammenhalt zu erzeugen – was aber daran scheitert, daß zwischen den einzelnen Gestalten eine Art unsichtbarer Schallwände stehen, die einem besonders bei den Bläsern den Begriff der „Einzelhaft" oder auch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in den Sinn bringt.
Diese Ltd. bemüht sich nun zwar redlich, die zwei großen Kompositionen in Schwung zu versetzen; einigermaßen gelingt das allerdings nur bei Pohjolas Tochter, während mein Interesse an der zweiten Sinfonie – und welch ein Werk ist das! – schon während des Kopfsatzes erlahmt, weil die erwähnten Gnome nicht angehalten werden, in jenes dämonische Reich einzudringen, in dem sich der echte Sibelius eigentlich immer bewegte. Wer’s nicht glaubt, höre den Übergang vom Vivacissimo zum Ausbruch des Finales, der bekanntermaßen ebenso schwer zu beschreiten ist wie der Pfad, der Indiana Jones zum Heiligen Gral führt: Hier stürzt die Sinfonie vollends in sich zusammen, und die Frage, womit man die letzten dreißig Minuten zugebracht hat, bleibt unbeantwortet. Wer einfach nur gern Sibelius hört, wird sich langweilen. Wer ihn schätzt, sich ärgern. Und wem seine Musik wirklich etwas bedeutet, der schreit...
Rasmus van Rijn [02.05.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Jean Sibelius | ||
1 | Pohjolas Tochter op. 49 (Sinfonische Dichtung) | 00:14:32 |
2 | Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43 | 00:44:43 |
Interpreten der Einspielung
- London Symphony Orchestra (Orchester)
- Sir Colin Davis (Dirigent)