F. X. Neruda Cello Concertos 1–5

cpo 777 192-2
2 CD • 82min • 2005
12.07.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Das 1887 uraufgeführte d-Moll-Cellokonzert von Franz Xaver Neruda gehörte, älteren Lexika zufolge, früher zum Repertoire eines jeden Cellisten. Dann geriet es fast völlig in Vergessenheit, der es nun – gemeinsam mit seinen vier Geschwistern – von der jungen Cellistin Beate Altenburg entrissen wurde. Den Anstoß dazu gab der unermüdlich forschende Klarinettist Dieter Klöcker.
Franz Neruda, geboren 1843 in Brünn als jüngster Sproß einer Musikerfamilie, mit der er ganz Europa bereiste, ließ sich 1864 in Kopenhagen nieder, wo er als gesuchter Lehrer, Kammermusiker und Mitbegründer des Kammermusik-Vereins großen Einfluss auf die Entwicklung des dänischen Musiklebens hatte. Als Dirigent des Musikvereins war er Nachfolge von Niels W. Gade und Vorgänger von Carl Nielsen.
Die fünf Cellokonzert entstanden 1887/88 zum Eigengebrauch, Aufführungen mit Orchester sind jedoch nur von besagtem zweiten in d-Moll belegt. Sie sind sämtlich einsätzig gehalten, wobei allerdings die Binnenstruktur variiert. So wartet beispielsweise das vierte Konzert (a-moll) mit einem umfangreichen Scherzo-Abschnitt auf. Die Themen sind apart, oft von romantisch-elegischem Charakter, die Verarbeitung fein und geistreich, dabei jedem groben Effekt abhold. Slawische Anklänge lassen sich ebenso heraushören wie mitunter eine nordisch anmutende Färbung, rhythmische Verschiebungen und unerwartete harmonische Wendungen geben der Klangsprache einen ganz persönlichen Reiz.
Nerudas unaufdringlich-eleganten Tonfall trifft die Solistin der Aufnahme ausgezeichnet. Das Orchester lässt in seinem löblichen Bemühen, nicht ungebührlich aufzutrumpfen, ein wenig an Profil vermissen und bleibt auch aufnahmetechnisch im Hintergrund. Als Verlegenheitslösung erscheint die Verteilung der fünf Konzerte mit einer Gesamtspieldauer von 82 Minuten auf zwei CDs. Immerhin umfasst Nerudas kompositorisches Schaffen mehr als achtzig Werke, darunter Orchester- und Kammermusik, wovon – soweit man aus den Cellokonzerten schließen kann – sicher noch manches der Wiederbelebung wert wäre. Zweifellos hätte das eine interessante „vollwertige“ Doppel-CD ergeben.
Hervorragend der von der Solistin (die auch das Material für die Konzerte anhand der Originalmanuskripte der Königlichen Bibliothek Kopenhagen revidiert hat) selbst verfasste Booklet-Text, der höchst lebendig und gut zu lesen musikhistorische Information mit aus der Spielpraxis gewonnenen Erkenntnissen und persönlichen Eindrücken mischt. Dieses Beispiel sollte Schule machen. Insgesamt ein Zugewinn für das Repertoire.
Sixtus König † † [12.07.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Xaver Viktor Neruda | ||
1 | Konzert Nr. 1 e-Moll op. 57 für Violoncello und Orchester | |
2 | Konzert Nr. 2 d-Moll op. 59 | |
3 | Konzert Nr. 3 A-Dur op. 60 für Violoncello und Orchester | |
4 | Konzert Nr. 4 a-Moll op. 61 für Violoncello und Orchester | |
5 | Konzert Nr. 5 G-Dur op. 66 für Violoncello und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Beate Altenburg (Violoncello)
- Anhaltische Philharmonie (Orchester)
- Golo Berg (Dirigent)