C.Ph.E. Bach Concerti per il Cembalo
Carus 83.184
1 CD • 70min • 2003
07.11.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Bei vielen Aufnahmen der letzten Jahre von spätbarocker oder frühklassischer Musik konnte man leicht den Eindruck gewinnen, die Interpreten würden den jeweiligen Stücken mißtrauen. Zwar machen es sich die Alte-Musik-Ensembles zur Aufgabe, die weitgehend noch zu selten gepflegte Musik etwa der Bach-Söhne einzuspielen; aber einige dieser Ensembles scheinen den Verdacht zu hegen, die Hörer könnten die Musik wenig effektreich oder gar langweilig finden. Ein solcher, besonders anschaulicher Fall von Mißtrauen war das Album La casa del Diavolo von Giardino Armonico (Naive OP 30399): Eine Sinfonia von Carl Philipp Emmauel Bach und ein Cembalo-Konzert von Wilhelm Friedemann Bach wurden da mit solch übertriebener Attacke angegangen, daß die Stücke auf den Kontrast von brutalem Tutti und bläßlichem Solo reduziert wurden.
Auf ihrer Einspielung dreier Cembalo-Konzerte Carl Philipp Emanuels nun gerät das in München beheimatete Barockorchester L’arpa festante unter seinem Leiter Rien Voskuilen nicht einmal in die Nähe solcher Einseitigkeiten. Das mit 15 Streichern besetzte Orchester bemüht sich um einen reichen Klang jenseits erstarrter Alte-Musik-Klischees – und erreicht ihn auch. Besonders deutlich wird das in den Ecksätzen des c-Moll-Konzertes Wq 5/H. 407, welche einen schroffen, zerklüfteten Sturm-und-Drang-Gestus ausbilden: Zwischen den energischen Tutti und den leisen Passagen eröffnet sich eine aufregende Fallhöhe, ohne daß das Orchester auf Klangkultur und Tonschönheit verzichten müßte. Vielmehr ist der Streicherapparat geschlossen, ohne gekantet zu wirken, und in den langsamen Sätzen, besonders angenehm im Largo des G-Dur-Konzertes Wq 34/H. 444 und dem versonnenen Arioso des a-Moll-Konzertes Wq 26/H. 430, zu weichem, wenn auch kontrolliert geführtem Gesang fähig.
In allen Sätzen sind außerdem die Einwürfe in den Dialogpassagen zwischen Solo und Tutti einerseits mit soviel Formbewußtsein ausgestaltet, andererseits so variantenreich moduliert, daß sich eine sehr differenzierter Einheit herstellt, auch in den zeitlich ausgreifenden Kopfsätzen von Wq 34 und Wq 5. Solist und Leiter Rien Voskuilen läßt dabei stets so viel Zeit, daß die köstlichen Pizzicato-Effekte im Presto von Wq 34 und dem Allegro assai von Wq 5 so deutlich wie diskret herauskommen. Selbst aufnahmetechnisch ist das Cembalo (ein Nachbau eines flämischen Instrumentes von Dulcken aus dem Jahr 1745) so in den Vordergrund gerückt, daß es auch in den Ritornellen, wenn es gar nicht solo zu spielen hat, eine wichtige Rolle erfüllt, und nicht nur die Barock-Atmosphäre liefert; das trägt zum Bild einer sorgfältigen Produktion bei, bei der nur in der Track-Numerierung ein kleiner Fehler passierte. Musikalisch jedoch sind das Lesarten, die sich wirklich auf die Musik einlassen und Carl Philipp Emanuel einen ungleich wertvolleren Dienst tun als alle vordergründige Effekthascherei.
Prof. Michael B. Weiß [07.11.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Carl Philipp Emanuel Bach | ||
1 | Concerto in G Wq 34 H 444 für Cembalo und Orchester | |
2 | Concerto in c Wq 5 H 407 für Cembalo und Orchester | |
3 | Concerto in a Wq 26 H 430 für Cembalo und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Barockorchester L'arpa festante (Orchester)
- Rien Voskuilen (Cembalo, Leitung)