Ondine ODE 1035-2
1 CD • 64min • 2003, 2004
05.10.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Eigentlich hätte ich die Besprechung dieser Produktion aus Gründen persönlicher Befangenheit ablehnen müssen, denn Sibelius und ganz besonders seine fünfte Sinonie haben mir stets bei entscheidenden Weichenstellungen zur Seite gestanden. Die bevorzugten Aufnahmen waren (und sind) mir deswegen bis heute die EMI-Produktionen mit John Barbirolli. So habe ich denn auch die vorliegende Neueinspielung zunächst mit spitzen Fingern ergriffen, weil die Sorge, es könne der alte, von innen heraus glühende Boden der unendlichen finnischen Wälder von jener geheimnisvollen Anziehungskraft verlieren, die mich seit Jahrzehnten quasi ohne jede Gegenwehr an unsern großen Dickschädel aus Järvenpää kettet.
Doch Leif Segerstam ist auch Komponist, und es ist unverkennbar, daß er sich nicht nur um eine diskographische Selbstdarstellung bemüht, sondern den Geheimnissen dieser so „ganz anders” organisierten Musik wirklich auf die Spur kommen will. Er fächert den Orchesterklang weit und erreicht dergestalt eine Transparenz und Stimmigkeit, die anfangs durchaus befremdlich wirkt, sich aber mit jedem Hören einleuchtender darstellt. Allein schon den quasi selbstverständlichen und doch so genau kalkulierten Weg zum ersten Höhepunkt der dritten Sinfonie oder den unendlich bezaubernden Umgang mit den Holzbläsersoli im zweiten Satz des Werkes wird man nur nach und nach in seiner ganzen Tragweite erleben können, und jedesmal entdeckt man mit Segerstam wie bei einer Exkursion neue Nuancen, Überlagerungen und Schichtungen.
Die noch heiklere fünfte Sinfonie mit ihren expandierenden Tempowechseln bewegt sich über weite Strecken ebenso natürlich voran – namentlich im ersten Satz, wo Segerstam im Stile eines versierten Kraftfahrers die Gänge wechselt, ohne daß irgendetwas ruckelt oder wackelt: Plötzlich befinden wir uns auf einer neuen Ebene, als wäre es das einfachste von der Welt, und doch wissen wir, daß wir einen riesigen Schritt getan haben... Im Finale gibt er dann richtig Gas, und in den aufgespaltenen Registern des Orchesters wollte mir der unbeschreibliche Hymnus des Hauptthemas beim ersten Durchgang schier untergehen – doch er ist immer gegenwärtig, weil ihn Leif Segerstam sogar im irrlichternen Huschen der Streicher mit einer vorbildlichen Raffinesse akzentuiert. Am Ende führt er diesen großen Gesang zu einer gedrängten Vielstimmigkeit, die ewig so weitergehen könnte und nur durch den mehrfachen Axthieb der letzten Akkorde gewaltsam abgerissen wird. Eine starke, unerhört überzeugende Alternative!
Rasmus van Rijn [05.10.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Jean Sibelius | ||
1 | Sinfonie Nr. 3 C-Dur op. 52 | |
2 | Sinfonie Nr. 5 Es-Dur op. 82 |
Interpreten der Einspielung
- Helsinki Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Leif Segerstam (Dirigent)