
hänssler CLASSIC 98.473
1 CD • 76min • 2002
25.06.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Es spricht für den Klarinettisten François Benda, den weltreisenden Solisten, Berliner Klarinettenprofessor und Sproß der traditionsreichen Komponistendynastie, wenn er hier über alle Vergleiche mit der Vielzahl guter und sehr guter Einspielungen des vorliegenden Werkes hinaus seine Zuhörer in den Bann von Brahms’ berückend schönem h-Moll-Quintett zu ziehen versteht. Da ist nicht nur seine einschmeichelnd schöne und blühende Tongebung in allen Registerfarben mit verblüffend reicher Dynamisierung im Dienste des Notentextes zu bewundern, sondern es sind immer wieder die unzählig kleinen, individuellen, künstlerisch animierenden Attitüden beim Ausschöpfen feinster Bläsernuancen. Beispielhaft sei gleich beim Soloeinstieg im ersten Satz die Phrasierung der „circulo“-Figuren (so die treffende Beiheft-Charakterisierung) erwähnt, deren 16tel-Ketten jeweils als eine 8tel-Triole mit beschleunigtem Anhang interpretiert werden. Eine Marginalie, gewiß, aber eine agogische Zutat mit Wirkung. Solche Feinheiten begegnen auf Schritt und Tritt, machen nach kurzem Einhören auf weiteres neugierig und lösen als sparsam, aber raffiniert eingesetzte Tupfer immer wieder Überraschung, Zustimmung und Beifall aus. Von solchen Sinnfälligkeiten profitiert natürlich ganz besonders das große „Zigeunersolo“ des zweiten Satzes, von der weiteren Satzfolge ganz zu schweigen.
Und doch gibt es Einschränkungen, deren Ursachen eher bei Brahms’ kompakter Instrumentierung der Streicher zu suchen und zu finden sind. Hier ist es vor allem die ständige Unterbelichtung des Führungsanspruches der ersten Geige, sofern sie in die Regionen höherer Oktavlagen aufzusteigen hat. Eindeutig zielt doch der Komponist – und dies gilt auch für das klassisch geformte B-Dur-Streichquartett op. 67 – auf ein Auskosten aller harmonischen Kombinationen und Klangfarben sämtlicher beteiligten Instrumente. Hier führt die oft dünn und spitz, ja zaghaft wirkende Tongebung der Konzertmeisterin in den hohen Oktavlagen zu Einbußen an der thematischen Substanz. Möglicherweise ist dies eine Folge der Aufnahmetechnik, denn offensichtlich wird von ihr die von Brahms sehr geschätzte Wärme der Mittellage und die von ihm oft bevorzugte sonore Tiefe spürbar favorisiert. Für den herrlichen Bratschenpart im Opus 67, hervorragend besetzt, ist dies natürlich eine Sternstunde, musikalisch mustergültig assistiert von dem das Gesamtprogramm spannungsreich, dramatisch und mitreißend gestaltenden Verdi-Quartett.
Dr. Gerhard Pätzig [25.06.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Quintett h-Moll op. 115 für Klarinette, 2 Violinen, Viola und Violoncello | |
2 | Streichquartett Nr. 3 B-Dur op. 67 |
Interpreten der Einspielung
- Verdi Quartett (Streichquartett)
- François Benda (Klarinette)