Marc Aurel Edition MA20019
1 CD • 75min • 2003
29.06.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ein Porträt von Johann Sebastian Bach scheint unser Bild von ihm zu bestimmen: Mit seinem strengem Blick und mit jenem vorgeschobenen Unterkiefer, der in Volkshochschulkursen als unentbehrliche Voraussetzung des sächsischen Dialekts vermittelt wird, wirkt der Thomaskantor eher streng und unnahbar.
Wie unrichtig dieses Bild ist, zeigt Naoki Kitayas Einspielung der Transkriptionen, die Bach von Meisterwerken seiner Zeitgenossen für den eigenen Konzertgebrauch anfertigte. Der Thomaskantor hatte nicht nur seine Pflichten gegenüber den Gemeinden und der Schule zu erfüllen, es gab auch noch eine Familie in der Kantorenwohnung, die mit etlichen hochbegabten Kindern ihr Recht verlangte. Schnell konnte Bach bei seinen beiden ältesten Söhnen Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel eine außerordentliche Begabung feststellen. Diese Anlagen galt es zu fördern, alles andere wäre eine Versündigung gegen Gottes Gnade gewesen, die ihn mit so talentierten Kindern beschenkte.
Nun hatte Georg Philipp Telemann, Philipp Emanuels Pate und hochberühmter Director Musices in Hamburg, zu seinen Studienzeiten in Leipzig dereinst ein Collegium Musicum gegründet, in dem Leipziger Studenten ein Betätigungsfeld für ihre Musizierfreude finden konnten. Im Zimmermannschen Caffeehaus fanden die Treffen dieser Musikenthusiasten statt, und hier war auch der Ort der ersten Auftritte Wilhelm Friedemanns und Carl Philipp Emanuels, die später als bewunderte Virtuosen auf Orgel und Cembalo ein großes Publikum in Erstaunen versetzen sollten. Diese Concerti waren die Keimzelle großer Virtuosenkarrieren, so zeigt es ihr vielgestaltiges Klanggeflecht, die Vater Bach für seine hochbegabten Söhne einrichtete.
Wie eine Jam Session im Zimmermannschen Caffeehaus präsentieren die Künstler der vorliegenden Einspielung die Arrangements der Concerti von Vivaldi, Marcello und anderen, mit denen der Thomas-Kantor seine Begeisterung für die zeitgenössische Musik zeigen und gleichzeitig seine begabtesten Schüler (darunter seine Söhne) dem musikbegeisterten Publikum der sächsischen Metropole vorführen konnte. Eine schier überbordende Musizierfreude und eine abwechslungsreiche Besetzung, die auch in der kammermusikalischen Verkleinerung gelegentlich nicht auf das Rückgrat eines Continuo-Ensembles verzichtet, machen diese Einspielung zur ersten Wahl für ein schon häufiger eingespieltes Repertoire, das allerdings selten so vital und liebevoll zugleich vorgeführt worden ist.
Detmar Huchting [29.06.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Concerto C-Dur BWV 594 (nach dem Concerto D-Dur »Grosso Mogul« RV 208 von Antonio Vivaldi) | |
2 | Concerto F-Dur BWV 978 (nach Antonio Vivaldi RV 310) | |
3 | Concerto d-Moll BWV 974 (nach Alessandro Marcello) | |
4 | Concerto G-Dur BWV 973 (nach Antonio Vivaldi RV 299) | |
5 | Concerto C-Dur BWV 976 (nach Antonio Vivaldi RV 265) | |
6 | Concerto C-Dur BWV 977 (after an unknown model/nach einer unbekannten Vorlage) | |
7 | Concerto G-Dur BWV 980 (after/nach Vivaldi) | |
8 | Concerto D-Dur BWV 972 (nach Vivaldi) | |
9 | Concerto G-Dur BWV 592 (nach Herzog Johann Ernst von Sachsen-Weimar) |
Interpreten der Einspielung
- Naoki Kitaya (Cembalo)
- Rainer Zipperling (Violoncello)
- Thomas Boysen (Theorbe)
- Daniel Oman (Colascione)
- Naoko Matsumoto (Cembalo)