Systematisch hat das Label cpo in den letzten Jahren das Operettenschaffen Franz Lehárs aufgearbeitet und dabei neben den Erfolgsstücken auch viele Titel berücksichtigt, die schon in Vergessenheit geraten waren. Jetzt legt sie mit einer Kassette nach, die vor allem die erstaunlichen Anfänge des späteren Großmeisters der leichten Muse in den Focus rückt. Die Aufnahmen sind bereits vor einem Vierteljahrhundert entstanden, haben also nachgerade historischen Rang, und sie bieten dem interessierten Hörer und Lehár-Kenner Überraschungen noch und noch.
Aufnahmen der Cello-Sonaten von Ludwig van Beethoven gibt es zahlreich, auch das Label Naxos hat alle Werke für Cello und Klavier im Programm (1991 mit Jenő Jandó und Csaba Onczay) – trotzdem startet Naxos eine Neuaufnahme mit dem Cellisten Gabriel Schwabe und dem Pianisten Nicholas Rimmer. Gabriel Schwabe wurde 1988 in Berlin geboren und hat die drei renommiertesten Cello-Wettbewerbe gewonnen: den Grand Prix Emanuel Feuermann in Berlin, den Concours Rostropovich in Paris und den Pierre Fournier Award in London. Er gastiert in der ganzen Welt mit den berühmtesten Orchestern und bei den bekanntesten Festivals. Das Label Naxos hat ihn unter Exklusiv-Vertrag. Nicholas Rimmer ist 1981 in England geboren, hat in Hannover Klavier und Musikwissenschaft in Cambridge studiert und ist ein sehr gefragter Kammermusiker.
Orchesterwerke in Bearbeitungen des Komponisten für Klavier zu 4 Händen Sontraud Speidel & Franziska Lee
Ars Produktion ARS 38 665
1 CD • 70min • 2023
30.11.2024 • 8 9 9
„Kennenlernen, Studieren, Verbreitung“ – das sind laut Booklet die Gründe für das Bearbeiten von Orchesterwerken für Klavier zu vier Händen, wie es seit der Klassik das Musikleben bereichert hat. Zu bemerken ist allerdings auch, dass das Spielen von vierhändigen Bearbeitungen den Ausführenden meist mehr Vergnügen macht als den Zuhörern, fehlt doch ein wesentlicher Parameter der Musik - die Klangfarbe.
Wenn ein Regensburger Stadt- und Dekanatskantor die Gelegenheit erhält, eine neue Orgel zu disponieren, möchte er diese auch mit mannigfaltigem Repertoire vorstellen. Hierbei verlässt sich Roman Emilius jedoch nicht auf die größten Hits der Orgelliteratur – obwohl er es zweifelsohne könnte – sondern stellt ein höchst abwechslungsreiches, drei Jahrhunderte umfassendes Programm zusammen, zu dem er sogar eigene Bearbeitungen beisteuert. Nebenbei entsteht auf diese Weise eine „Schule der originellen Registrierung“.
Streichtrios erregen immer noch weit weniger Aufmerksamkeit als Streichquartette, obwohl über einige Komponistengenerationen die Werke dieser Gattung eigentlich gleich innovativ oder interessant waren und sind. Mit Beiträgen dreier in Deutschland noch recht unbekannter Komponistinnen sowie dem ersten Streichtrio von Max Reger stellt sich nun das TriOlogie String Trio vor: Nevena Tochev (Violine), Meredith Kuliew (Viola) und Elodie Théry haben sich 2019 an der Hochschule Luzern kennengelernt, konzertieren regelmäßig miteinander und sind in gerade mal vier Jahren zu einem bemerkenswerten Ensemble zusammengewachsen.
Der Französische Hornist Hervé Joulain, Jahrgang 1966, wurde mit 20 Jahren Solo-Hornist des Orchestre Philharmonique de Radio France, später übernahm er diese Position beim Orchestre National de France. Nun hat der erfahrene Musiker gemeinsam mit der Sinfonietta Riga und dem Dirigenten Kaspars Ādamsons das Album „Horn Universe“ eingespielt. Das tatsächlich „universale“ Programm reicht vom Barock bis in die Gegenwart. Der Hornist will die Vielseitigkeit seines Instruments unter Beweis stellen, die weitaus mehr als nur Jagd- und Waldromantik umfasst.
Die alljährlich im Sommer stattfindenden Opernfestspiele in der schwäbischen Kleinstadt Heidenheim an der Brenz (50 000 Einwohner) sind auf dem Wege, ein süddeutsches Verona zu werden. Unter der künstlerischen Leitung von Marcus Bosch, der sich mit der Cappella Aquileia einen exzellenten Klangkörper aufgebaut hat, wird nun systematisch das hierzulande wenig rezipierte Frühwerk Giuseppe Verdis aufgearbeitet. Auf die vielbeachtete Produktion von I Lombardi folgte im vergangenen Jahr eine Inszenierung seiner Giovanna d’Arco, die von der Firma Coviello Classics auf Video aufgezeichnet wurde (die diesjährige Alzira ist in Vorbereitung).
Ernst von Dohnányi, 1877 in Preßburg, dem heutigen Bratislava, geboren, war ungarischer Herkunft. Seine cis-Moll-Violinsonate von 1912 verrät allerdings kaum diese Provenienz; sie erinnert vielmehr an den Stil von Brahms, dem Dohnányi nacheiferte, ohne dessen Originalität zu erreichen. Hellen Weiß, die in Köln und Dresden lehrt, und Paul Rivinius, der in München lebt, machen in ihrer flüssigen, ausgewogenen Darstellung deutlich, dass das epigonal wirkende, spätromantische Stück kontrastreich gearbeitet ist. Interessanter wirkt die zehn Jahre zuvor komponierte C-Dur-Serenade für Streichtrio, die in ihren fünf Sätzen sowohl Temperament und Sentiment wie auch einen Schuss Humor verrät. Hellen Weiß musiziert mit ihren beiden Partnern schwungvoll und dynamisch flexibel. Vom einleitenden Marsch, der einer alten Serenadentradition entspricht, bis zum humorvollen Finalrondo erlebt man vergnügliche Klänge und Rhythmen.
Auch 35 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer ist ein nicht unwesentlicher Teil des Musik- und Kulturschaffens der DDR nach wie vor weitgehend Terra incognita. Das umfangreiche Archiv an Tonaufnahmen der Plattenlabel Nova und Eterna und des DDR-Rundfunks jedenfalls ist bislang nur sehr selektiv gehoben worden, und das verdienstvolle CD-Label Hastedt ist mit dem Tod seines Gründers ebenfalls verstummt. Insofern erscheint eine Neuproduktion wie das vorliegende 2 CD-Set von Berlin Classics, auf dem Ragna Schirmer am Klavier, Matthias Daneck am Schlagzeug und Axel Ranisch als Sprecher ausgewählte Lyrik und Musik aus der DDR vorstellen, bereits ganz grundsätzlich sehr willkommen.
The Christmas Album Regensburger Domspatzen • Münchner Rundfunkorchester • Florian Helgath
Alpha Classics ALPHA 1079
1 CD • 75min • 2024
23.11.2024 • 9 9 9
Mit dieser Weihnachts-CD, betitelt als „The Christmas Album“, ist der Bariton Benjamin Appl zurückgekehrt in seine musikalische prägende Ausbildungszeit bei den Regensburger Domspatzen – und beschert damit mir als dem Rezensenten ein Problem: Ich bin befangen, positiv befangen. Auch ich bin musikalisch durch meine zehn Jahre bei den Regensburger Domspatzen geprägt. Nun singt Benjamin Appl hier mit „seinen“ Regensburger Domspatzen, die von Christian Heiß, einem ehemaligen Domspatz, geleitet werden, auch das begleitende Münchner Rundfunkorchester wird von einem ehemaligen Domspatz (Florian Helgath) dirigiert, dazu bin ich mit dem Zitherspieler (Hans Berger) befreundet und dessen Sohn Johannes, der Kontrabass spielt, war Schüler an dem Gymnasium in Rosenheim, an dem ich unterrichtet habe.
& Kristoffer Hyldig Piano Playing Axel Borup Jørgensen
OUR Recordings 8.226925
1 CD • 66min • 2024
22.11.2024 • 9 10 9
Wenn es einen Komponisten gibt, für den sich das dänische Label OUR Recordings in den vergangenen Jahren in ganz besonderem Maße eingesetzt hat, dann ist dies Axel Borup-Jørgensen (1924–2012), und gerade pünktlich zu seinem 100. Geburtstag im November 2024 erscheint nun eine neue CD mit sieben kammermusikalischen Werken. Es spielt das Esbjerg Ensemble mit verschiedenen Gästen wie dem Pianisten Kristoffer Hyldig oder dem Geiger Joel Bardolet.
Die Schwestern Anouchka und Katharina Hack wuchsen in Dortmund auf und spielen seit ihrer Kindheit Cello und Klavier. Auf ihrem zweiten gemeinsamen Album demonstrieren sie familiäre Verbundenheit unter dem Titel „Alle Menschen werden Schwestern“. Zu hören sind Werke von komponierenden Geschwistern, gemeinsame Improvisationen sowie das neunminütige Titelstück der ukrainischen Komponistin Marina Baranova. Sie hat, auf Anregung der Schwestern, Beethovens „Ode an die Freude“ in einem spätromantischen Tonfall weitergedacht.
Henry Fairs, Preisträger vieler Orgelwettbewerbe und seit 2020 Professor für künstlerisches Orgelspiel an der Universität der Künste zu Berlin, der bereits eine höchst beachtliche Gesamtaufnahme der Orgelwerke Maurice Duruflés bei Naxos vorlegte, widmet sich in seinem neuesten Projekt dem kompletten Orgelwerk von Robert Schumann. Dieses entstand allerdings ursprünglich nicht für die Orgel, sondern für ein Klavier mit vorgesetzter Pedalklaviatur, was aufgrund ausgesprochen pianistischer Effekte die Interpretation auf der Orgel erschwert, weshalb diese Werke eher selten gespielt werden.
Um eine sehr reizvolle und spannende Aufnahme, die einen die Musik Felix Mendelssohn Bartholdys ganz anders erleben lässt, handelt es sich bei der neuen CD des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim. Unter der Leitung von Douglas Bostock, der in den vergangenen Jahren gemeinsam mit dem Orchester bereits für einige positive Überraschungen gesorgt hat, ist nun eine Aufnahme mit Transkriptionen der Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy entstanden. Diese umfasst Auszüge aus den Lieder ohne Worte, also Klavierwerke sowie ein Arrangement des Doppelkonzerts von Mendelssohn, hier statt für Violine und Klavier für Flöte und Harfe. Alle Arrangements wurden von Andreas N. Tarkmann vorgenommen, der nicht nur als Arrangeur äußerst erfolgreich ist, sondern auch für seine eigenen Kompositionen sehr geschätzt wird.
Fällt der Name Johann Pachelbel (1653-1706), denkt der Laie spontan an den Ohrwurm-Kanon über einen Romanesca-Chaconne-Bass, der Spieler besaiteter Tasteninstrumente womöglich an die Variationen des Hexacordum Apollinis, der Berufsorganist ganz sicher an die beiden großen Chaconnen und daran, dass er im Fach „Liturgisches Orgelspiel“ reihenweise Choralvorspiele mit Vorimitationen der einzelnen Choralzeilen vom sogenannten Pachelbel-Typus improvisieren musste. Vokalwerke wird jedoch kaum ein Mitglied dieser drei Gruppen benennen können.
Es ist das Land der Gegensätze und Widersprüche, aber auch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Amerika. Das lässt sich auch trefflich musikalisch vorexerzieren, wie die Pianistin Claire Huangci mit ihrer Einspielung „Made in USA“ zeigt. Hier ist eine große Bandbreite der stilistischen Vielfalt zu erleben, die das Land ausmachen: Spätromantik à la Amy Beach, Jazz und Improvisation à la George Gershwin und Earl Wild sowie Avantgarde à la Samuel Barber. Claire Huangci, das zeigt sie hier sehr deutlich, ist in allen Genres zu Hause. Pianistische Brillanz geht hier mit musikalischer Intelligenz einher. Das Ergebnis ist schlichtweg atemberaubend.
Mit dem Titel seines Albums „Conversations“ möchte der junge Organist Johannes Krahl auf die Begegnungen hinweisen, die Bach, wenn auch nicht persönlich, mit anderen Komponisten seiner Zeit pflegte, um bei der Bearbeitung ihrer Werke Anregungen für das eigene Schaffen zu gewinnen. Krahl, der 1999 in Bautzen geboren wurde und in Leipzig studierte, hat Bachs Concerti nach Antonio Vivaldi und Johann Ernst von Sachsen-Weimar, BWV 592 bis 596, an der Gottfried-Silbermann-Orgel in der Dresdener Kathedrale Ss. Trinitatis eingespielt und diese Sammlung erweitert um das Italienische Konzert für Klavier solo F-Dur BWV 971 und das Konzert für vier Cembali a-Moll BWV 1065 in Transkriptionen von Martin Schmeding.
Monument to Beethoven Beethoven | Mendelssohn | Khozyainov | Schumann
Rondeau ROP6274
1 CD • 78min • 2024
15.11.2024 • 10 10 10
Und wieder ein Klavierwunder aus Russland, aus dem fernsten Osten, knapp an der Grenze zu China: Nikolay Khozyainov wurde 1992 in Blagoveshchensk geboren, die Familie zog wenig später nach Moskau und dort gab er im Alter von sieben Jahren sein Debüt mit dem Moskauer Philharmonischen Orchester. Sein Studium am Tschaikowsky-Konservatorium schloss er mit Auszeichnung ab, gewann zahlreiche Wettbewerbspreise und gastiert in der ganzen Welt – kaum aber in Deutschland. Seinen eigenen Angaben nach spricht er elf Sprachen fließend und gibt auch Interviews in diesen allen Sprachen. Zurzeit lebt er in Genf.
Johann Nikolaus Forkel ist ein berühmter Mann. Jeder Musikfreund kennt ihn als den ersten Verfasser einer umfassenden Monographie Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke, und Musikwissenschaftler ehren den Konservator, Herausgeber und Historiker als einen der Gründerväter ihrer Disziplin. Die Erforschung der Musikgeschichte nahm in Forkels Wirken mit der Zeit einen immer größeren Raum ein, doch war er – 18-jährig Chorleiter in Schwerin, wenig später Organist in Göttingen, schließlich 36 Jahre lang dort Universitätsmusikdirektor – zeitlebens als praktischer Musiker tätig, was damals wie selbstverständlich auch das Komponieren einschloss. Um den Komponisten Forkel hat man sich lange nicht gekümmert, ja diesen Teil seines Schaffens oft verleugnet. [...]
Das Cover schmückt zwar ein Engel mit der Posaune – aber die dazugehörige CD mit Concerto Köln gehört der Oboe, gespielt von Clara Blessing, der Oboe, die der damals berühmte Musikschriftsteller Johann Mattheson so beschreibt: „Die Hautbois kommen, nach der Flute Allemande, der Menschen-Stimme wol am nähesten, wenn sie mannierlich und nach der Sing-Art tractirt werden, wozu ein großer Habitus und sonderlich die ganze Wissenschaft der Singe-Kunst gehöret.“ Und Clara Blessing „tractirt“ ihre Oboe in der Tat höchst „mannierlich“, lässt ihre Oboe singen, wie eine menschliche Stimme sprechen, plappern und plaudern, lässt sie zwitschern und sprudeln und tanzen, aber auch klagen und arios lamentieren und überhaupt leuchten in allen Klangfarben.
Der Komponist Josef Bardanashvili (Jg. 1948), bewegt sich geographisch und musikalisch zwischen zwei Ländern, nämlich Georgien, dem Land seiner Geburt, seiner musikalischen Ausbildung und seiner ersten Erfolge als Komponist, und Israel, seiner neuen Heimat seit 1995. Beide Länder und Kulturen haben ihre Spuren in seiner Musik hinterlassen, von der im Laufe der Jahrzehnte dies und jenes auf CD erschienen und von recht prominenten Musikern aufgeführt worden ist, ohne dass von einer systematischen Werkschau die Rede sein könnte (so ist bislang keine seiner Sinfonien, Opern oder seiner Ballette auf Tonträger erhältlich). Die israelische Pianistin Ofra Yitzhaki widmet sich nun seinem (bisherigen) Gesamtwerk für Klavier, das eine mit fast 83 Minuten prall gefüllte CD ergibt.
Christvesper Dresden 1624 Historia von der Geburt unsers Herren Jesu Christ
cpo 555 698-2
1 CD • 67min • 2024
11.11.2024 • 10 10 10
Wer sich am singulären Weihnachtsoratorium von J. S. Bach satt- oder gar abgehört haben sollte und die Weihnachtshistorie von Heinrich Schütz auch bereits auswendig kennt, dem bietet das Ensemble Polyharmonique unter Alexander Schneider jetzt eine schlichtere Alternative in Form der Historia von der Geburt unseres Herrn Jesu Christi von Schützens Amtsvorgänger am Dresdner Hof, Rogier Michael, der mit Orlando di Lasso als einer der letzten Repräsentanten der franko-flämischen Schule gilt. Diese bildet den quasi-liturgischen Kern einer fiktiven Christvesper, wie sie um 1624 stattgefunden haben könnte.
Zuweilen mutet ist die Musik von Gabriel Fauré ein wenig wie das Mauerblümchen der französischen Romantik an. Es gibt kaum einen Komponisten, der produktiver und fleißiger war, und doch werden immer Camille Saint-Saëns, Claude Debussy oder Maurice Ravel an erster Stelle genannt. Dabei hat sich Fauré nicht nur fast schon systematisch durch zahlreiche Gattungen der Musik durchgearbeitet, er hat auch immer wieder Melodien hinterlassen, die – wie etwa die Sicilienne oder das Requiem – Ewigkeitswert haben.
Denkt man an Solowerke für Violoncello, so fallen zunächst vor allem Johann Sebastian Bachs sechs Suiten ein, die wohl zu den schönsten und bekanntesten Werken der Gattung gehören. Welche Bedeutung Bachs Suiten für Interpretinnen und Interpreten bis heute haben, ist hinreichend bekannt. Weniger bekannt ist jedoch, welche Bedeutung Bachs Pionierarbeit auch für Komponisten hatte. Dem verschafft die Schweizer Cellistin Estelle Revaz nun zumindest in Teilen Abhilfe: Auf ihrer neuen CD, die bei Solo Musica erschienen ist, hat sie Caprices für Violoncello solo von Joseph Clément Ferdinand Barone Dall’Abaco eingespielt. Ausgebildet wurde dieser im Cellospiel von seinem Vater, Evaristo Felice Dall’Abaco, der bereits durch Bachs Suiten festgestellt hatte, dass sich die Cellisten der damaligen Zeit noch sehr verbessern müssten, um das zunehmend anspruchsvollere Repertoire spielen zu können und vor allem auch den Sprung vom Begleit-Instrument zum Solopart zu schaffen.
Dazu gehört Courage: Ein ganzes Programm aus Übertragungen von Werken zu bestreiten, die nicht für das eigene Instrument geschrieben wurden. Céleste-Marie Roy hat es gewagt: Sie bietet Kompositionen für Flöte auf dem Fagott dar und spannt darüber hinaus noch einen weiten zeitlichen Rahmen vom Spätbarock J. S. Bachs über den für die frühe Klassik prägenden Stil seines Sohnes Carl Philipp Emanuel bis zum Zeitalter der Romantik, das hier von Friedrich Kuhlau (1786-1832) verkörpert wird. Ein mutiges Vorhaben, nicht nur die instrumentale Stimme von der Flöte auf das Fagott zu übertragen, sondern dabei auch ein musikalisches Jahrhundert zu umspannen, das zu Friedrich Kuhlaus Lebzeiten in den letzten hundert Jahren – ganz ähnlich zur politischen Geschichte – einen radikalen Wechsel vollzogen hatte.
„Ich werde nie eine Symphonie komponieren! Du hast keinen Begriff davon, wie es unsereinem zu Mute ist, wenn er immer so einen Riesen hinter sich marschieren hört“, schrieb bekanntlich Johannes Brahms. Den britischen Komponisten des frühen 19. Jahrhunderts – einer Zeit exzessiven Imports von Musik und Musikern aus Kontinentaleuropa – dürfte es ähnlich gegangen sein. Für sie hieß der Riese Haydn, Beethoven, von dem Brahms sprach, kam freilich später ebenfalls hinzu. Aber wie Brahms schließlich doch noch vier Symphonien komponierte, so gab es auch im Vereinigten Königreich der 1810er Jahre einen Komponisten, der den Bann brach, sich in London als Autor anspruchsvoller Orchesterwerke etablieren konnte und als Lehrer namhafter Schüler eine Tradition britischer Symphonik begründete: Cipriani Potter.
Thomas Reiner, der aus Baden-Württemberg stammt, verliebte sich als Zwölfjähriger in die Trompete. Damals erlebte er den legendären Maurice André im Konzert. Längst hat Thomas Reiner selbst eine erfolgreiche Karriere als Trompeter vorzuweisen. Inzwischen legt er sein fünftes Album für das Label Naxos vor. Die „Italian Baroque Trumpet Concertos“ knüpfen an seine vielgelobte Aufnahme mit deutschen Barocktrompetenkonzerten an, die vor zwei Jahren auf den Markt kam. Mit dabei sind abermals die Interpreti Veneziani, die ansonsten allabendlich in Venedigs Kirche San Vidal die Touristen mit Vivaldi-Aufführungen beglücken.
Erinnerungen an das Goldene Zeitalter der seinerzeit in zwei Jahrzehnten gereiften historisch informierten Aufführungspraxis ruft diese CD den Freunden der Alten Musik ins Gedächtnis. Denn hier erscheint eine Aufnahme von Neuem, mit der seinerzeit ein erstrangiges Ensemble Literatur vorstellte, die nach Jahrhunderten der Vergessenheit entrissen wurde: Das erste Madrigalbuch von Johann Grabbe (1585-1655) – er teilt nicht unverdient sein Geburtsjahr mit Heinrich Schütz – wurde 1985 eingespielt; jetzt kommt eine Neuauflage auf CD: Sie bedeutet die Würdigung des diesjährigen 80. Geburtstags von Anthony Rooley, der mit seinem Consort of Musicke seinerzeit diese noch noch auf dem damaligen Leitmedium der Schallplatte erschienene Einspielung aufgenommen hat.
Allenthalben wird Messiah bzw. Der Messias von Georg Friedrich Händel auf englisch gesungen, weil er in dieser Sprache komponiert worden ist. In Deutschland natürlich auch oft in deutscher Sprache. Aber in Italienisch? Mit „Il Messia. Florence Version 1768“ ist diese vorliegende Aufnahme betitelt: In Florenz im Palazzo Pitti fand am 6. August 1768 die erste Aufführung dieses Oratoriums auf dem europäischen Festland statt, weil ein Lord Cowper das englische Original nach Florenz mitgebracht hatte. Leopold, Großherzog von Toskana, wollte alles in italienischer Sprache hören und ließ deswegen das Oratorium bearbeiten: Antonio Pillori bearbeitete den Text und Salvatore Pazzaglia die Musik
„Warum toben Völker“, die erste Zeile aus dem Psalm 2 spricht alle Menschen an, die Frieden suchen, und sie gibt das Motto vor für ein Gemeinschaftsprojekt von Annette Schavan und Julius Berger. Im Mittelpunkt steht neben ausgewählten Psalmen aus der hebräischen Bibel Musik des Komponisten Ernest Bloch (1880 – 1959), dessen Tonsprache jüdische Quellen mit der europäischen Kunstmusik zusammen führt. Annette Schavan trägt zehn Psalmen mit klarer, ernster Stimme und ganz ohne aufgesetztes Pathos vor, der Cellist Julius Berger und das Duo GRAD, das aus dem Vibraphonisten Andrei Pushkarev und dem Marimba-Spieler Pavel Beliaev besteht, spielen in eigenen Bearbeitungen Ausschnitte aus Werken Blochs.