Der 27. November 2017 war der 150. Geburtstag des französischen Komponisten Charles Koechlin: Er wurde 1867 in Paris geboren. Von Kindheit an war er von Musik umgeben, seine Schwester spielte Klavier, was ihn sehr beeindruckte, durch regelmäßige Konzertbesuche wurde er mit der Musik von Charles Gounod, Hector Berlioz, Camille Saint-Saëns, César Franck, Georges Bizet, Jules Massenet, Richard Wagner oder Frédéric Chopin vertraut. Besonders nachhaltigen Eindruck hinterließen eine Aufführung von Bachs h-Moll-Messe und ein Konzert des russischen Pianisten Anton Rubinstein. Mit 15 Jahren entstanden seine ersten eigenen Kompositionsversuche. Er entstammte jedoch einer Familie von Ingenieuren und Erfindern, daher war sein ursprüngliches Berufsziel nicht Musiker, sondern eine Ingenieurslaufbahn. Er begann ein Studium am Pariser Polytechnikum, eine lebensbedrohliche Tuberkuloseerkrankung zwang ihn im Jahre 1888 jedoch, das Studium aufzugeben. 1891 schrieb er sich am Pariser Conservatoire ein mit den Fächern Harmonielehre und Kontrapunkt, 1892 kam er in die Kompositionsklasse von Jules Massenet und später von Gabriel Fauré. Seine Kommilitonen waren Florent Schmitt, Reynaldo Hahn, George Enescu und Maurice Ravel. Zusammen mit Fauré, Ravel und Schmitt gründete er 1909 die Societé Indépendente de Musique. In den zwanzig Jahren zwischen 1890 und 1910 komponierte er hauptsächlich Vokalwerke. Zwischen 1910 und 1921 entstand hauptsächlich Klavier- und Kammermusik – seine fruchtbarste Kompositionsperiode mit ca. 50 Werken. Mit dem Klavierzyklus Les Heures persanes op. 65 (1913–1919) und dem Quintette pour piano et cordes op. 80 (1908–1921) zählt er zur Avantgarde der französischen Komponisten jener Zeit. 1928 erhielt er einen Lehrauftrag an der University of California in Berkeley, 1929 erhielt er den Hollywood-Bowl-Preis und ließ sich in den 1930er Jahren vom frühen Tonfilm inspirieren, ohne allerdings selbst Musik für Tonfilm zu komponieren. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs stürzte ihn in eine tiefe Schaffenskrise: zwischen 1939 und 1942 kam seine Kompositionstätigkeit völlig zum Erliegen. Die Orchesterkomposition Offrande musicale sur le nom de BACH op. 187 beendete diese Krise. In seinen beiden letzten Lebensjahrzehnte schuf er noch eine Fülle von Orchesterwerken. 1949 wurde ihm von der Société des Auteurs der Grand Prix de la Musique française verliehen. Am 31. Dezember 1950 starb Charles Koechlin in seinem Haus in Le Canadel im französischen Département Var. Sein umfangreiches Schaffen umfasst Lieder mit Klavier oder Orchester, Klavierwerke, Kammermusik und Orchesterwerke sowie theoretische Schriften und Lehrbücher über Harmonielehre, Kontrapunkt und Orchestration.
Tabellarische Biographie
27.11.1867 | geboren in Paris (Frankreich) |
entstammt einer wohlhabenden, alteingesessenen elsässischen Familie | |
erster Klavierunterricht mit sechs Jahren | |
erste Kompositionsversuche mit 15 Jahren | |
1887 | Studiengebinn an der École Polytechnique in Paris |
1888 | Abbruch des Studiums wegen einer Tuberkuloseerkrankung. Kuraufenthalte in Algerien Februar bis Mai 1888 und Dezember 1888 bis Februar 1889 |
1889 | gibt die Absicht auf, Astronom zu werden und entscheidet sich für Musik |
1890 | Studienbeginn am Pariser Konservatorium bei Antoine Taudou, André Gedalge und Jules Massenet |
1890-1909 | Beginn seiner Komponisten-Laufbahn mit einer Periode von Lied-Kompositionen |
1896 | Nach dem Rückzug von Massenet Schüler von Gabriel Fauré |
Fauré betraut ihn mit der Orchestration seiner Musik zu Maeterlincks Pelléas et Mélisande | |
1898 | Assistent von Gabriel Fauré |
1899-1901 | Trois Poèmes op. 18 (Orchesterlieder nach Rudyard Kiplings Dschungelbuch), Beginn einer über 40 Jahre dauernden Beschäftigung mit diesem Sujet |
1899-1904 | En mer, la nuit (sinfonische Dichtung nach Heinrich Heine, orchestr. 1904) |
1908-1925 | La course de printemps op. 95 (sinfonische Dichtung nach Rudyard Kipling, orchestr. 1926-1927; erster Teil des vierteiligen Zyklus Livre de la jungle) |
1910 | Gründung der Société Musicale Indépendante (SMI) zusammen mit Fauré, Ravel, Caplet und Schmitt |
1911-1916 | Sinfonie Nr. 1 op. 57 Nr. 2 |
Freundschaften mit Debussy, Satie, Rolland, Ravel, Roussel und Milhaud | |
1913 | Instrumentierung von Debussys Ballettmusik Khamma |
1916-1919 | Les heures persanes op. 65 (Orchestrierung 1928) |
1917 | Finanzielle Probleme; Existenzsicherung durch Unterrichtstätigkeit, Verfassen von Büchern (u.a. über Fauré und Debussy), Aufsätzen, Kritiken für Musikzeitschriften und Lehrbüchern (Kontrapunkt, Harmonielehre, Orchestration u.a., insgesamt 10). Zu seinen Schülern zählen u.a. Francis Poulenc und Henri Sauguet |
1918 | Reise zu Vorlesungen in die USA und nach Kanada |
1924 | Trio op. 92 |
1928 | Reise zu Vorlesungen in die USA und nach Kanada |
1932 | Veranstaltung eines Festivals in Paris, bei dem die bedeutendsten Orchesterwerke aufgeführt wurden; der erhoffte Durchbruch als Komponist blieb jedoch trotz aller Anerkennung aus |
1933 | Seven Stars' Symphony op. 132 (eine Huldigung an das neue Medium Film mit Sätzen über Douglas Fairbanks, Lilian Harvey, Greta Garbo, Clara Bow, Marlene Dietrich, Emil Jennings und Charlie Chaplin) |
1934 | Premier album de Lilian (Harvey) op. 139 (neun Stücke) |
1935 | Second album de Lilian (Harvey) op. 149 (8 Stücke) |
1936 | Livre de la jungle: La méditation du Purun Bhagat op. 159 |
1936 | Prix Cressent für seine Komposition Symphonie d'hymnes |
1937 | Präsident der Föderation Musicale Populaire (FPM) nach dem Tode von Roussel |
1937 | Reise zu Vorlesungen in die USA und nach Kanada |
1937 | Prix Halphan für seine Sinfonie Nr. 1, zahlreiche weitere Preise in den folgenden Jahren |
1937 | 5 dances pour Ginger (Rogers) op. 163 |
1937 | Epitaphe de Jean Harlow op. 164 |
1938 | Le buisson ardent part 2 op. 171 (sinfonische Dichtung nach einer Episode aus dem Roman Jean-Christophe von Romain Rolland) |
1939 | Livre de la jungle: La loi de la jungle op. 175 (orchestr.: 1940) |
1939 | Livre de la jungle: Les Bandar Log op. 176 (orchestr.: 1940) |
1939-1942 | Schaffenskrise; Überarbeitung früherer Kompositionen, Niederschrift seines vierbändigen Traité de l'orchestration |
1940 | Paul Collaer, Direktor des Belgischen Rundfunks, organisiert Aufführungen von Werken Koechlins unter Franz André; die öffentliche Aufmerksamkeit verlor sich jedoch bald wieder. Die Mehrzahl der Werke wurde von Verlegern und Interpreten gleichermaßen ignoriert |
1942 | Offrande musicale sur le nom de BACH op. 187 |
1942/1946 | Preis für Offrande musicale sur le nom de BACH op. 187 |
1943-1944 | Sinfonie Nr. 2 op. 196 |
1945 | Le buisson ardent part 1 op. 203 (sinfonische Dichtung nach einer Episode aus dem Roman Jean-Christophe von Romain Rolland) |
31.12.1950 | gestorben in Le Canadel, Departement Var (Frankreich) |
1973 | Uraufführung von Offrande musicale sur le nom de BACH op. 187 in Frankfurt |