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Besprechung CD

Johann Stiastny

Works for Two Violoncellos Vol. 3
Alexander Hülshoff • Martin Rummel

paladino music PMR0133

2 CD • 2h 00min • 2023

26.08.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Wohl weitgehend unbeachtet von der Mehrheit der Musikfreunde gibt es gerade aus dem 18. und 19. Jahrhundert ein recht beachtliches Repertoire von Duetten für zwei Violoncelli, in der Regel aus der Feder von komponierenden Cellisten, mal eher hausmusikalisch geprägt, mal mit pädagogischem Hintergrund, mal dezidiert virtuos. Vieles davon erweist sich bei näherem Hinsehen als durch und durch angenehme, wohlklingende, unterhaltsame Musik, zumal kaum ein Melodieinstrument ob seines Facettenreichtums von der großen bis zur zweigestrichenen Oktave so geeignet für homogene Besetzungen ist wie das Cello.

Ein Cellist des frühen 19. Jahrhunderts aus Prag

Alexander Hülshoff und Martin Rummel haben sich jüngst auf einen solchen Komponisten spezialisiert, nämlich den wohl um 1764 in Prag geborenen, 1826 letztmalig erwähnten František Jan Šťastný (so die tschechische Variante seines Namens), Spross einer Musikerfamilie; sein Vater war Oboist, sein älterer Bruder Václav (Bernard) ebenfalls Cellist. Wie seinerzeit üblich, wurde sein Name mit einiger Flexibilität an andere Sprachen angepasst, und so gibt es eine Fülle von Varianten wie etwa das eingedeutschte Johann Stiastny, für das man sich mit allem Fug und Recht in der vorliegenden Produktion entschieden hat (weitere Alternativen wären Jan oder Jean Stiastny, den Nachnamen liest man manchmal auch als Stiasny). Es handelt sich hierbei bereits um die dritte Folge von Hülshoffs und Rummels Einspielungen von Werken für zwei Celli von Stiastny; vorgestellt wird diesmal sein Opus 1, ein Zyklus von sechs Duos, gewidmet seinem Bruder Bernard, publiziert wohl vor 1806.

Erhebliche technische Ansprüche

Es gibt einen gewissen Typus von Celloduetten, die sich vorzüglich für Amateurcellisten an einem angenehmen Sonntagmorgen eignen; Friedrich August Kummer etwa hat wunderbare Werke geschrieben, die man ab einem gewissen Niveau ohne Probleme mit dem größten Vergnügen gemeinsam spielen kann. Stiastnys Duos fallen in eine dezidiert andere Kategorie, denn so freundlich das stets kantable Melos und die wohltönenden Harmonien auch klingen mögen: dahinter verbergen sich erkleckliche technische Herausforderungen. Die Virtuosität dieser Stücke besitzt wenigstens partiell durchaus sportliche Züge und bewegt sich in beiden Stimmen eher auf dem Niveau von Solokonzerten: die in den schnellen Sätzen nie weit entfernten Sechzehntelpassagen spielen sich häufig in der Daumenlage ab, ebenso wie allerhand Doppelgriffe inklusive Oktaven oder Dezimen, manchmal (Cello II in Variation V des 2. Satzes des Duos Nr. 6) sogar noch mit Trillern gespickt. Hülshoff und Rummel gehen die Werke grundsätzlich robust, beherzt zupackend und extrovertiert an, lassen ihre Instrumente die kantablen Linien gekonnt aussingen und realisieren etliche der wohlkalkulierten Effekte dieser Musik in beispielhafter Manier. Wenn die beiden Cellisten an den heikelsten Passagen gelegentlich das Tempo ein wenig drosseln, dann ist dies angesichts des Tour-de-force-Charakters einiger Stellen völlig nachvollziehbar und fällt nicht weiter ins Gewicht; lediglich im 1. Satz des Duos Nr. 3 würde ich für ein etwas langsameres Grundtempo plädieren.

Klanglich einfallsreiche Musik

Drei der Duos (Nr. 2, 3&5) sind in den üblichen drei Sätzen gehalten, wobei Stiastny den langsamen Satz gerne für eine kleine Gesangsszene nutzt, inklusive allerhand Koloraturen suggerierender Ornamentik. Am Beginn aller Duos steht ein ausgedehntes Sonatenallegro; hier verzichten Hülshoff und Rummel auch dann, wenn sie vorgeschrieben ist, auf die Wiederholung des 2. Teils, eine m.E. absolut richtige Entscheidung, wenn man sich überlegt, dass etwa der 1. Satz des Duos Nr. 1 sich sonst auf über 15 Minuten aufblähen würde. Der 2. Satz des Duos Nr. 4 stellt dem eigentlichen heiteren Finale eine kurze Einleitung in Moll voran, die später nun reich ausgeschmückt noch einmal wiederholt wird. Die Duos Nr. 1&6 haben an zweiter Stelle jeweils einen umfänglichen Variationssatz über ein relativ schlichtes, gerade im Fall des Duos Nr. 1 vielleicht eine Spur zu generisches Thema. Eine Schwäche des Zyklus insgesamt, hier exemplarisch zu beobachten, ist eine gewisse Redseligkeit; die Musik hat ihre Längen. Und doch: auch, wenn z.B. der Variationssatz des Duos Nr. 1 (überraschenderweise in a-moll, sodass das Duo statt in der Haupttonart A-Dur in Moll schließt) mit 15 Minuten und nicht weniger zehn Variationen insgesamt zu lang geraten ist, ist das, was Stiastny dem Hörer hier bietet, lokal immer wieder sehr apart mit angesichts der Entstehungszeit dieser Werke erstaunlichem klanglichen Einfallsreichtum (inklusive Pizzicati, Flageoletts und anderen koloristischen Effekten). Schließlich sei noch angemerkt, dass Hülshoff in den ersten drei Duos und Rummel in den letzten dreien die erste Stimme spielt; dabei wechseln die beiden Musiker nicht die Positionen, sodass man das Cello I je nach CD auf einem anderen Kanal hört. Dies nur als kurze Randbemerkung zu einer insgesamt musikalisch sehr ansprechend geratenen Produktion.

Holger Sambale [26.08.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Nepomuk Stiastny
1Duo A-Dur op. 1 Nr. 1 für 2 Violoncelli 00:26:00
13Duo F-Dur op. 1 Nr. 2 für 2 Violoncelli 00:13:41
16Duo Es-Dur op. 1 Nr. 3 für 2 Violoncelli 00:19:16
CD/SACD 2
1Duo C-Dur op. 1 Nr. 4 für 2 Violoncelli 00:17:30
3Duo A-Dur op. 1 Nr. 5 für 2 Violoncelli 00:17:45
6Duo g-Moll op. 1 Nr. 6 für 2 Violoncelli 00:24:58

Interpreten der Einspielung

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