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Personal Stories

Solo Piano Works
Benyamin Nuss

Neue Meister 0303866NM

1 CD • 58min • 2023

01.07.2025

Künstlerische Qualität:

Klangqualität:

Gesamteindruck:

Es gibt besondere Momente, in denen man in die Klangwelt einer CD eintaucht, ohne vorher das Cover studiert oder sich den Albumtitel vergegenwärtigt zu haben. Bei Benyamin Nuss' neuem Soloalbum offenbart sich der passende Name schon nach wenigen Takten: "Personal Stories" – denn der musikalische Fluss dieser Eigenkompositionen und Improvisationen ist musikalisches Storytelling im besten Sinne. Sicher wird ein solcher Titel häufig strapaziert, weil Künstler – im dem Wunsch nach vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten, sich gern ein solches Etikett auf ihre Fahnen heften. Benyamin Nuss gehört jedoch zu den Künstlern, die diesen Anspruch bis in die letzte Konsequenz einlösen.

Narrativer Fluss

Die 19 skizzenartigen Stücke vereinen sich zu einem narrativen Fluss, der zunächst gar nicht spektakulär wirkt – jedenfalls nicht nach höher, schneller, weiter klingt. Stattdessen dringt diese Musik zum inneren Wesenskern vor. Nuss' traumhafte Klangmalerei schafft dabei einen intimen Raum, er komponiert empfindsame Melodien, verweilt aber nie bloß auf dieser Ebene – das würde der Komplexität persönlicher Empfindungen kaum gerecht. So bereichert er den melodischen Fluss konstant mit einer dichten Harmonik voller jazzspezifischer Intervalle, deren Analyse allein eine faszinierende Aufgabe wäre.

In Freiheit dem eigenen Wesenskern treu bleiben

Die künstlerische Sozialisation dieses Musikers verlief gewissermaßen umgekehrt als sonst meist üblich: Hineingeboren in eine Jazzerfamilie, erschloss sich ihm die Wunderwelt der komponierten Musik erst später – ein Umstand, der heute seine Klangpalette um einschlägige Farben von Ravel und Debussy bereichert. Seine Kompositionen sind Momentaufnahmen, klangliche Tagebucheinträge, die von einem höchst raffinierten und zutiefst subjektiven Einsatz kontrapunktischer Verfahren zeugen. Die subtilen Färbungen seines Anschlags lassen jede Note in unterschiedlichsten Nuancen erstrahlen. Bemerkenswert, wie organisch und nahtlos daraus Jazz-Improvisationen hervorgehen – nie als aufgesetztes Element, sondern als natürliche Fortsetzung des kompositorischen Gedankens. Sein permanenter Freiheitsdrang, traditionelle Tonalität aufzulösen, ohne je den emotionalen Kern aus den Augen zu verlieren, prägt das gesamte Album und verleiht ihm eine tiefe innere Kohärenz. Zuweilen bricht die Musik auch aufbrausend aus ihrer sanften Umgebung hervor.

Vielschichtige Inspirationsquellen

Die inhaltlichen Inspirationsquellen dieser musikalischen Reflexionen sind so vielfältig wie das Leben selbst, worüber die Notizen des Pianisten im Booklet Aufschluss geben: Da finden sich die unterschiedlichen Facetten eines Lächelns in Three Views of a Smile, das Wesen einer anschmiegsamen Katze mit all ihren Launen in Bean Cat oder die ersten Gehversuche eines Patenkindes in Mei-Chan. Nuss beschwört seinen Lieblingsort in Japan in Matsuyama, mit majestätischen Bergen und dem schimmernden Seto-Binnenmeer, oder fängt Erinnerungen an einen kurzen Aufenthalt in der Mozartstadt in Memories of Salzburg ein.

Tiefgründiger werden die Emotionen in Anata ni Ayamaranai to Ikenai Koto ga Aru (Ich muss mich für eine Sache bei dir entschuldigen), das den Moment eines unangenehmen Geständnisses und den Prozess der inneren Aussöhnung einfängt. Das während der Corona-Pandemie entstandene Hoffnung drückt jenes Gefühl aus, inmitten aller Ungewissheit den letzten Funken Zuversicht nicht zu verlieren, während der abschließende Epilog den Schmerz des Loslassens und die Ungewissheit eines neuen Beginns thematisiert.

Fazit:"Personal Stories" ist keine Aneinanderreihung virtuoser Bravourstücke, sondern eine in sich geschlossene Klavierreise, die zum authentischen Selbstporträt eines fantasievollen Musikers wird.

Stefan Pieper [01.07.2025]

Komponisten und Werke der Einspielung

Interpreten der Einspielung

• Benyamin Nuss (Klavier)