Anzeige

Teilen auf Facebook RSS-Feed Klassik Heute
Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

CD • SACD • DVD-Audio • DVD Video

Besprechung CD/SACD stereo/surround

Ulf-Guido Schäfer

Three Winds and More

MDG 903 2356-6

1 CD/SACD stereo/surround • 58min • 2023, 2024

01.05.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Als ich die vorliegende CD erstmals in der Hand hielt, erinnerte ich mich vage, den Namen Ulf-Guido Schäfer schon einmal gelesen zu haben, und in der Tat fand ich ihn auf einer CD mit Joseph Suders Klavierkonzert wieder mit Schäfer an der obligaten Klarinette. Diese kleine Begebenheit ist insofern nicht atypisch, da Schäfer, Jg. 1963, als Klarinettist die größte Bekanntheit erreicht haben dürfte: er ist u.a. Soloklarinettist beim NDR Sinfonieorchester sowie Klarinettist im Ma’alot-Quintett und im Trio Roseau. Gleichzeitig wirkt er seit Jahren (nicht zuletzt auf diversen CDs) als Arrangeur insbesondere für Bläserensembles, ist künstlerisch aktiv (eine seiner Collagen findet man auf dem Cover dieser CD), und seit jüngerer Zeit tritt er nun auch als Komponist in Erscheinung. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf Bläserkammermusik für seine „eigenen“ Ensembles, wovon auch sein neu erschienenes Erstlingsalbum Zeugnis ablegt. Vorgestellt werden sechs Werke aus den Jahren 2018 bis 2023.

Miniaturen, freie Tonalität und motivische Chiffren

Schäfer ist vorwiegend Miniaturist; vier der Werke sind Zyklen von Stücken, die jeweils nur wenige Minuten dauern. Er komponiert in einem freitonalen, modal geprägten Idiom, wobei der Klang durch häufige Verwendung von Sekunden, Septimen oder Nonen aufgeraut wirkt, besonders augenscheinlich (wegen der ohnehin eher kargen Zweistimmigkeit) in Dyade (2023), vier Duetten für Oboe und Klarinette. Oft stehen kurze Motive im Zentrum, so etwa sowohl in den Fünf Bagatellen für Bläsertrio (2023) als auch in den Reminiszenzen für Englischhorn und Streichtrio (2022) die (frei abgewandelte) Tonfolge A-C-H-E, ein Chiffre für seine Frau, die Oboistin Rachel Frost, die ebenfalls unter den Interpreten dieser CD vertreten ist. Polyphone Strukturen entstehen häufig durch imitativen Kontrapunkt, immer wieder kontrastiert durch Momente des Innehaltens, in den Schäfer einzelne Instrumente quasi-improvisatorisch mit melismenartigen Melodielinien hervortreten lässt.

Melancholisch dominierte Stimmungen

Insgesamt bevorzugt Schäfer gedeckte, melancholisch durchzogene Stimmungen. Die meisten Stücke lassen sich in irgendeiner Weise auf eine Moll-Tonalität zurückführen, und dass drei der Zyklen (bis auf die 2018 entstandenen Three Winds) mit einem langsamen, klagenden Satz enden, ist sicher kein Zufall; hinzu kommen die Reminiszenzen, die ohnehin in langsamem Tempo gehalten sind, und auch der Ritus mündet in einen nachdenklichen Epilogo. Punktuell setzt Schäfer hier und da etwas schärfere Dissonanzen ein, vgl. etwa Nr. 2 der Quint-Essenzen für Bläserquintett (2022), fünf kurzen Stücken, in die in unterschiedlicher Manier auf Quinten aufbauen, oder verwendet eine etwas pointiertere Rhythmik, so in Nr. 4 der Fünf Bagatellen (Balkan-Anklänge) oder Nr. 3 der Quint-Essenzen (ähnlich, hier aber stärker ins Jazzartige gehend). Die vielleicht größte expressive Spanne weist der letzte Satz der Quint-Essenzen auf, ein In memoriam für Volker Grewel, den (bereits 2013) jung verstorbenen ehemaligen Hornisten des Ma’alot-Quintetts.

Solide gearbeitete Musik

Insgesamt am überzeugendsten gerät Schäfer die aphoristisch-kurze Form, eher etwas schwächer die beiden längeren Einzelstücke auf dieser CD. Generell ist der Gesamteindruck des Albums – bei aller Berücksichtigung der verschiedenartigen Inspirationsquellen der jeweiligen Stücke – ein ausgesprochen homogener: man vernimmt durchaus ein gewisses eigenes Profil des Komponisten Schäfer, aber innerhalb eines relativ eng gefassten Rahmens, und am Stück gehört wirkt die Musik auf die Dauer etwas monochrom; es fehlt etwas an Esprit, am Reiz des Unerwarteten, vielleicht Genialischen. Nichtsdestoweniger schreibt Schäfer eine solide gearbeitete Musik, die in den Programmen seiner Ensembles eine willkommene Bereicherung im Sinne einer persönlichen Note sein dürfte. Klangtechnisch ist das Album exzellent gelungen, die Interpretationen lassen keine Wünsche offen, und den präzise informierenden Begleittext hat Schäfer selbst verfasst.

Holger Sambale [01.05.2025]

Anzeige

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ulf-Guido Schäfer
1Fünf Bagatellen 00:10:12
6Dyade (Vier Duette für Oboe und Klarinette) 00:09:08
10Reminiszenzen 00:06:44
11Three Winds 00:09:53
14Quint-Essenzen 00:13:16
19Ritus 00:08:11

Interpreten der Einspielung

Das könnte Sie auch interessieren

21.08.2022
»zur Besprechung«

W.A. Mozart Vol. 3, Don Giovanni KV 527 (Harmoniemusik)

28.11.2021
»zur Besprechung«

Mzoart Piano & Winds, Markus Becker & Ma'Alot Quintet

26.03.2020
»zur Besprechung«

W.A. Mozart, Divertimenti KV 439b (Vol. 2)

Anzeige

Klassik Heute - Ihr Klassik-Portal im Internet

Anzeige