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Besprechung CD

Moods

Fabio Martino Klavier

Tico Classics TC 005

1 CD • 55min • 2022

16.08.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Nachdem sich der brasilianische Pianist Fabio Martino zunächst südamerikanischem und deutschem Repertoire zuwandte, nimmt er auf seiner neuesten CD zwei russische Spätromantiker in den Fokus, deren Klavierwerke zwar bereits Gesamtaufnahmen erfuhren, die jedoch noch immer nicht den Platz im Repertoire einnehmen, den sie eigentlich beanspruchen sollten. Dass die Werke von Sergej Bortkiewicz (1877-1952) und – vor allem diejenigen – Nikolai Medtners (1880-1952) zu wenig beachtet werden, liegt weniger an ihrer Qualität, denn an ihrer bereits zur Entstehungszeit höchst konservativen Faktur.

Composer-Pianists

Ähnlich wie Chopin, Liszt, Ferruccio Busoni, Alexander Scriabin und Sergej Rachmaninoff gehören Medtner und Bortkiewicz zur Gattung der Komponisten, die auch als Konzertpianisten rauschende Erfolge feierten. Marc André Hamelin hat für diesen Typus 1998 den Begriff des „Composer-Pianist“ geprägt. Wie diese Sammlungen ihre lyrischen, eher kleinformatigen Stücke bezeichneten, war eher davon abhängig, ob man auf außermusikalische Inspiration oder Nüchternheit setzte. In Russland war als neutrale Bezeichnung das Prélude in der Nachfolge Chopins populär. Scriabin, Rachmaninoff, Bortkiewicz, Schostakowitsch und Kabalewsky folgten diesem Strang. Medtner bevorzugte „Stimmungsbilder“ und für die umfänglicheren Werke „Märchen“.

Sergej Bortkiewicz, dem polnischen Adel der Ukraine entstammend, erhielt seine Ausbildung hauptsächlich bei Anatoli Liadow und lernte wohl von ihm, wie man sich Stil und Kopositionsweise Chopins und Liszts hervorragend zu Nutze machen konnte. So kann man die Nummern 2 und 4 seiner 10 Préludes op. 33 aus dem Jahre 1926 unbedarften Hörern als Alternativfassungen von Chopins erstem Impromptu und seiner „Ozean-Etüde“ unterjubeln. Daneben finden sich außerordentlich reizvolle Stücke in den volksliedartigen, nur mittelschweren kurzen Nummern 3 und 5, den nocturneartigen Lyrismen in 6 und 9 und der jedem Liebesfilm ehrenden Nummer 8.

Der deutschstämmige Nikolai Medtner ist durch die Gesamtaufnahme seiner Sonaten im Jahre 1998 durch Hamelin wieder in den Vordergrund gerückt worden. Seine Acht Stimmungsbilder op. 1 von 1903, in die ein paar Kompositionen des 15-Jährigen Eingang fanden, zeugen von einer erstaunlichen Frühreife. Das erste Stimmungsbild basiert auf dem Gedicht „Der Engel“ des jung verstorbenen Puschkin-Zeitgenossen Michail Lermontov. Nach der Komposition des Klavierstücks stellte der Komponist fest, dass die teilweise im Oktavkanon geführte Melodie genau auf den Text passt und veröffentlichte darauf eine Zweitversion als Lied. Das trauermarschartige dritte Stück erinnert mit seinen Doppelpunktierungen an den Einleitungsteil einer französischen Ouvertüre. Das Achte ist eine Walzer-Caprice im 4/4-Takt, die ihren Reiz aus der 8:3-Polyrhythmik von Vierteltriolen gegen normale Sechszehntel erhält. Liadow und Scriabin hatten bereits Ähnliches in ihren Etüden präsentiert.

In vielen Aspekten gelungene Interpretation

Alle Kompositionen erfordern eine saubere Trennung mehrerer Klangebenen. Melodie und Begleitung in einer Hand müssen klanglich sauber voneinander abgesetzt und durch die dynamische Gestaltung der Begleitung die Melodien zum Leuchten gebracht werden. Dies gelingt Fabio Martino – besonders in den lyrisch gestimmten Stücken. In den dramatischeren wird sein Klang leicht perkussiv und die Bässe drohen im Getümmel unterzugehen. Ob das Maestoso im ersten Prélude von Bortkiewicz wirklich so breit gedacht ist, wage ich zu bezweifeln. Stephen Coombs gelingt in vier statt sieben Minuten eine wesentlich spannendere Darstellung, da ihm die dynamischen Steigerungen vom ppp zum fff nicht auseinanderfallen. Ähnlich im Maestoso freddo des dritten Medtner-Stimmungsbilds, wo er die Zweiunddreißigstel nach der Doppelpunktierung fast zu Sechszehnteln aufweicht und dadurch die marmorne Kühle des „freddo“ verfehlt. Das spielt Hamish Milne in seiner Gesamtaufnahme doch überzeugender.

Aufnahmetechnisch ist leichter Klirr zu konstatieren. Das Booklet geht hinsichtlich Informationsfülle in Ordnung.

Fazit: Die Stücke sind unbedingt hörenswert. Wer Chopin und Rachmaninoff liebt, wird hier auf zwei Seelenverwandte stoßen. Auch die Auswahl ist geschickt.

Vergleichseinspielungen: Bortkiewicz, Stephen Coombs, Hyperion - Medtner, Hamish Milne, Hyperion.

Thomas Baack [16.08.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Sergei Eduardovich Bortkiewicz
110 Präludien op. 33 00:32:04
Nicolai Medtner
118 Stimmungsbilder op. 1 00:21:44

Interpreten der Einspielung

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