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Besprechung CD

Anton Reicha

Chamber Works

cpo 555 397-2

2 CD • 2h 10min • 2022

27.05.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Das mit Solobläsern renommierter Orchester und Professoren ebenso renommierter Hochschulen besetzte Albert-Schweitzer-Ensemble widmet sich in dieser Einspielung Kammermusikwerken des Beethoven-Altersgenossen Anton Reicha (1770-1836), deren Instrumentenkombinationen vom Üblichen abweichen. Da Reicha neben Klavier und Violine auch die Flöte virtuos beherrschte, galt seine Vorliebe den Blasinstrumenten. So wurde er zu dem Komponisten, bei dessen Namen man zunächst „Bläserquintett“ assoziieren pflegt. Dass er interessante Klangfarben auch aus der Kombination von Bläsern, Streichern und Klavier hervorzaubern konnte beweist die vorliegende Aufnahme.

Virtuos, Wissenschaftler, Musikpädagoge, Komponist

Anton Reicha und Ludwig van Beethoven verband eine lebenslange Freundschaft, deren Grundstein durch die gemeinsame Tätigkeit als Flötist und Bratscher in der Bonner Hofkapelle der beiden damals 15-Jährigen gelegt wurde. Reichas erste Sinfonie wurde bereits 1790 in Bonn uraufgeführt. Da er sich nach der Besetzung Bonns durch die Franzosen aber auch wissenschaftlich weiterbilden wollte, ging er nach Hamburg, unterrichtete Musik und beschäftigte sich privat mit Mathematik, Philosophie und musikalischen Lehrmethoden. Von dort begab er sich 1798 nach Wien, wo er seine kompositorischen Fähigkeiten bei Beethovens Lehrern Johann Georg Albrechtsberger und Antonio Salieri vervollkommnete, als Komponist von Schauspielmusiken populär wurde und erste Kompositionen von teils spekulativem Charakter veröffentlichte. Als es ihm wegen der Napoleonischen Kriege dort zu ungemütlich wurde, begab er sich 1806 nach Paris, wo er zu den gesuchtesten Kompositionslehrern gehörte und 1818 die Komponistenklasse am Conservatoire übernahm. Zu seinen Schülern zählten George Onslow, Franz Liszt, Hector Berlioz, Charles Gounod und César Franck. Seine vierbändige Kompositionslehre wurde zum Standardtext. Carl Czerny besorgte die deutsche Übersetzung.

Hohe Anforderungen an die Interpreten

Als Komponist liebte Reicha das Ungewöhnliche, was sich bereits an den Besetzungen seiner Kammermusikwerke ablesen ist. Auch liebte er es, die traditionellen Formen zu individualisieren. So finden sich bei ihm die ersten Sonatenhauptsätze, die mehr als zwei Themengruppen aufweisen, was Schubert und Bruckner dann in ihrer Sinfonik aufgriffen. Darüber hinaus machte er sich bereits über Vierteltonmusik – wohl inspiriert durch die slawische Folklore – Gedanken, kann somit also als Vorläufer Béla Bartóks angesehen werden.

Alle vier – mit 35 Minuten Spieldauer teilweise großdimensionierten Werke – fallen höchst angenehm aufs Ohr, jedoch ist es nicht einfach den roten Faden zu behalten. Alle Beteiligten werden höchst virtuos gefordert. Es-Dur auf einer spätklassischen Querflöte dürfte in rasantem Tempo nicht sonderlich angenehm sein. Emotional berühren am ehesten die Menuette, die in Wirklichkeit Scherzi sind. Mich erinnern die Werke an die perfekt aus dem Marmor geschlagenen Empire-Plastiken von Antonio Canova und an die Gemälde von Jacques-Louis David.

Gelungene Interpretation

Das Albert-Schweitzer-Ensemble – der Name lehnt sich an das Albert-Schweitzer Quintett an, dem die Flötistin Angela Firkins und der Fagottist Eckart Hübner angehörten, die sich wiederum aus dem Schulorchester des Hamburger Albert-Schweitzer-Gymnasiums kannten und die in dieser Besetzung die Bläserquintette Reichas auf 10 CDs einspielten – spielt diese teils enorm schweren Kompositionen mit großem Können. Manches könnte man sich jedoch hinsichtlich Intonation und Phrasierung noch präziser vorstellen. Manche Höherpunkte könnte ich mir klarer herausgearbeitet vorstellen. Pianistin Kivili Dönken könnte ihre Fiorituren gelegentlich etwas sauberer artikulieren.

Der Booklet-Text informiert umfassend, die Aufnahmetechnik ist in der Streaming-Version durchaus präsent. Im Grand Quatuor drohen Cello und Fagott etwas ineinander zu verschwimmen.

Fazit: Gelungene Aufnahme vierer interessant besetzter, unterhaltsamer Kammermusikwerke für Virtuosen aus dem Übergang von der Klassik zur Frühromantik. Durchaus hörenswert.

Thomas Baack [27.05.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Anton Reicha
1Grand Quatuor concertant Es-Dur op. 104 für Flöte, Fagott, Violoncello und Klavier 00:35:20
5Trio G-Dur für Flöte, Violine und Violoncello 00:35:02
CD/SACD 2
1Grand Trio concertant A-Dur op. 101 für Violine, Violoncello und Klavier 00:26:28
5Quintett Nr. 2 Es-Dur für Flöte, Klarinette, Horn, Fagott und Viola 00:32:31

Interpreten der Einspielung

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