Weber • Crusell • Berg
Bassoon Concertos
cpo 555 576-2
1 CD • 63min • 2023
11.12.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Der norwegische Fagottist Dag Jensen, der 1984 jeweils zweite Preise beim ARD-Musikwettbewerb gewann – ein einziger erster Preis wurde bisher nur 2008 vergeben – seine Karriere in bedeutenden Orchestern fortsetzte und jetzt die Professur an der Münchner Musikhochschule innehat, kombiniert auf seiner neuesten CD mit den Konzerten von Carl-Maria von Weber und Bernhard Crusell zwei Schlachtrösser des Repertoires und beschließt die Aufnahme mit dem für ihn im Jahre 2022 ganz frisch komponierten Fagottkonzert seines Landsmannes Olav Berg.
Schmales Repertoire
Von allen Holzblasinstrumenten weist das Fagott die größten Tücken auf, da ihm die komplizierteste Griffweise von allen Holzblasinstrumenten zu eigen ist. Dementsprechend gering ist sein konzertantes Repertoire. Im Umfang ist es mit fast vier Oktaven der Klarinette vergleichbar. Seine Grundskala liegt auf F, wurde aber mit Klappen für beide Daumen bis zum Kontra-B nach unten erweitert, sodass jeder Daumen vier zusätzliche Klappen (7 für die Erweiterung nach der Tiefe plus die Oktavklappe zur Erleichterung des Überblasens in höhere Oktaven)zu bedienen hat, was das Greifen nicht eben intuitiv macht. Auch erfordern schnelle, brillante Staccato-Passagen, wie sie in den Konzerten gehäuft auftreten, eine extreme Beweglichkeit des einfachen Zungenstoßes, da Doppel- und Tripelzunge anders als auf Flöten- und Blechblasinstrumenten auf Doppelrohrblattinstrumenten bei der Verwendung schwererer Rohrblätter wegen der hohen Spannung in Lippen- und Wangenmuskulatur nur mangelhaft ansprechen.
Klassiker und Neues
Die Konzerte von Weber und Crusell sind Klassiker in den Finali von Wettbewerben. Webers Andante e Rondo Ungharese ist die Umarbeitung eines Concertinos für Viola, das Weber für seinen Bruder geschrieben hatte. Es nimmt eine Form vorweg, die in der Hochromantik beispielsweise von Chopin mit seinem Andante spianato e Grande Polonaise aufgegriffen und so zum Standard für Virtuosenstücke wurde.
Olav Berg (Jg. 1949) setzt in seinem gut 17-minütigen Concerto for Bassoon and Orchestra auf traditionelle Instrumentenbehandlung und verzichtet auf avantgardistische Effekte. Er entwickelt seine Struktur aus kleinteiligen Motiven, die erweitert und umspielt werden. Dabei ist seine Instrumentation unter Einbeziehung von Klavier und Schlagwerk von vorwiegend fester Tonhöhe (Glockenspiel, Celesta, Marimba) ungemein farbig, Allerdings kreiselt das Werk sehr stark in sich, beginnt lyrisch steigert sich in Minute 8 und löst sich dann wieder auf. Der Schluss ist dann in seiner Beliebigkeit wenig charakteristisch. Es hört ohne Punkt einfach auf, bietet jedoch dem Solisten die Möglichkeit klangschön in freier, impressionistisch angehauchter Tonalität zu musizieren. Somit ist es keinesfalls undankbar und lohnt den Übeaufwand.
Fagotissimo
Dag Jensen erweist sich in dieser Aufnahme, in der er bei Weber und Crusell auch das Orchester leitet als Ausnahmefagottist. So brillant und tonschön hört man die heikle Triolenstelle gegen Ende des Weber-Andantes selten. Dabei wirkt diese Brillanz nie demonstrativ oder aufgesetzt. Auch ist die Artikulation in der feinen Abstufung zwischen Legato-Portato-Non legato-Quasi Staccato-Staccato meisterhaft, die Intonation perfekt. Selbst weite Sprünge sind klanglich wunderbar verblendet.
Die Aufnahmetechnik geht in Ordnung, könnte vielleicht jedoch noch ein wenig Transparenz vertragen. Der Booklet-Text, in dem Dag Jensen u.a. Olav Berg interviewt und das alle Instrumentalisten namentlich auflistet, ist höchst informativ.
Fazit: Ein Lehrbeispiel für fagottistische Virtuosität, das gute Laune verbreitet. Definitiv empfohlen!
Thomas Baack [11.12.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Carl Maria von Weber | ||
1 | Konzert F-Dur op. 75 J 127 für Fagott und Orchester | 00:18:00 |
Bernhard Henrik Crusell | ||
4 | Fagottkonzert B-Dur | 00:18:15 |
Carl Maria von Weber | ||
5 | Andante e Rondo ungarese c-Moll op. 35 J 158 für Fagott und Orchester | 00:09:59 |
Interpreten der Einspielung
- Dag Jensen (Fagott, Dirigent)
- Kammerakademie Potsdam (Orchester)
- Gregor Bühl (Dirigent)