Laks • Weinberg • Nowicka
Works for Violin & Chamber Orchestra
cpo 555 523-2
1 CD • 66min • 2012,2013
16.11.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Während die Musik Mieczysław Weinbergs (1919-1996) spätestens seit der szenischen Erstaufführung seiner Oper Die Passagierin bei den Bregenzer Festspielen 2010 hierzulande zunehmend Gehör gefunden hat, ist Simon Laks‘ (1901-1983) recht schmales, aber nicht weniger interessantes Schaffen noch recht unbekannt. Laks – wie Weinberg in Warschau geboren – ging nach anfänglichem Mathematikstudium 1926 nach Paris, wo er früh Erfolge feierte. 1941 folgten Inhaftierung, Deportation nach Auschwitz, Zwangsarbeit bei Dachau. Nach seiner Befreiung kehrte er wieder zurück nach Paris.
Drei Werke für Solovioline und Kammerorchester
Die polnische Geigerin und Komponistin Ewelina Nowicka (Jahrgang 1982) hat sich den Werken dieser beiden jüdischen Komponisten geradezu verschrieben – auch von ihren eigenen Vorfahren haben einige den Holocaust nicht überlebt. Von Weinbergs Jugendwerken, die noch in Polen vor seiner Flucht vor den Nazis in die Sowjetunion entstanden, sind nur wenige erhalten, darunter drei Stücke für Violine & Klavier: Nocturne, Scherzo und Sen o Lalce (Traum einer Puppe), die Nowicka sensibel für Violine und Streichorchester gesetzt hat. Die Stücke sind von staunenswerter kompositorischer Brillanz und stilistischer Flexibilität, trotz konsequenter Beschränkung des zugrunde liegenden Materials; für die Sologeige mehr als dankbar. Mit dem 16-minütigen Poème für Violine und Kammerorchester – hier von Nowicka nur für Streicher bearbeitet – erneuert Laks alte Traditionen (Chausson, Ysaÿe). Wir hören eine vielschichtige Tondichtung in annähernd symmetrischer Bogenform, die über Strecken an Szymanowskis späte Phase anknüpft, aber gleichzeitig durchaus komplexe, neoklassizistische Ideale bedient. Nowicka spielt dies mit enormer Übersicht und Ausdruckskraft. Fast wie ein Kommentar dazu wirkt Nowickas eigener Kaddish 1944 von 2007: ein elegischer, sparsam instrumentierter Klagegesang mit einem schnellen, rhythmisch pointierten Mittelteil, recht herzergreifend – freilich ohne jeden Kitsch.
Mutter und Tochter leiten das Amadeus-Kammerorchester
Das Amadeus Kammerorchester wurde 1968 von Agnieszka Duczmal in Posen gegründet und ist seit 1977 ein offizieller Klangkörper des Polnischen Rundfunks, der auf internationalen Tourneen seine exzellente Qualität beweisen konnte. Seit 2009 wird das Orchester von Agnieszkas Tochter Anna Duczmal-Mróz geleitet, die ebenso außerhalb Polens die Podien erobert. Sie dirigiert auf dieser Veröffentlichung abwechselnd mit ihrer Mutter und beeindruckt vor allem mit dem letzten Stück, der konzisen, 20-minütigen Streichersymphonie (1964) von Laks, in der der Komponist alle Register seines Könnens zieht und die traditionellen Möglichkeiten eines Streichorchesters umfassend nutzt. Nicht nur die fabelhafte Passacaglia des 2. Satzes erreicht durchaus Bartóksche Qualitäten – ein wirklich fantastisches Werk! Die Aufnahmetechnik und der ausführliche, jedoch nicht überladene Booklettext von Frank Harders-Wuthenow lassen ebenfalls keine Wünsche offen, so dass dieses Neuland ganz optimal präsentiert wird.
Martin Blaumeiser [16.11.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Mieczyslaw Weinberg | ||
1 | Nocturne für Violine und Kammerorchester | 00:07:18 |
2 | Scherzo für Violine und Kammerorchester | 00:02:32 |
3 | Traum von einer Puppe für Violine und Kammerorchester | 00:06:37 |
Simon Laks | ||
4 | Poème für Violine und Kammerorchester | 00:16:27 |
Ewelina Nowicka | ||
5 | Kaddish 1944 für Violine und Kammerorchester | 00:13:25 |
Simon Laks | ||
6 | Sinfonie für Streichorchester | 00:19:44 |
Interpreten der Einspielung
- Ewelina Nowicka (Violine)
- Amadeus Chamber Orchestra of Polish Radio (Streichorchester)
- Agnieszka Duczmal (Dirigentin)
- Anna Duczmal-Mróz (Dirigentin)