Viennese Transfigurations
Alban Berg • Alexander Zemlinsky • Thoams Wally

hänssler CLASSIC HC22046
1 CD • 59min • 2021
17.05.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Vier Interpreten aus Wien widmen sich Bearbeitungen von Werken, die im 20. und frühen 21. Jahrhundert entstanden sind. Dabei erklingen im Live-Mitschnitt eines Streaming-Konzerts Kompositionen, die eigentlich als Orchesterwerke oder für eine andere Besetzung gedacht waren. Im Fall des Violinkonzerts von Alban Berg geschah die Transfiguration zunächst in Ausschnitten für eine „klingende Konzerteinführung“, um später zu einer Kammermusikfassung des ganzen Werks zu reifen mit dem Ziel, es „für Geigerinnen und Geiger in kleiner Besetzung aufführbar zu machen“.
Violinkonzert als Kammermusik
Daraus erklärt es sich, dass bei Maxim Brilinskys Bearbeitung Abstriche am Klangeindruck zu machen sind, auch wenn die aparte Besetzung mit Violine, Klarinette, Kontrabass und Klavier eine möglichst große farbliche Bandbreite gewährleisten möchte. Man hört gleichsam eine aufs Skelett reduzierte Fassung, die immerhin erahnen lässt, mit welchem Einfallsreichtum Berg aus der Verbindung von Zwölftontechnik mit tonalen Ansätzen ein einzigartiges, sehr persönliches Werk gewinnt, das dem „ Andenken eines Engels“ gewidmet ist und damit weit über bloß formale und technische Ansprüche hinausragt.
Die vier Interpreten sind brillant aufeinander eingespielt, und sie bringen unter Führung des Geigers die nötige Spannung auf, um die in der Partitur gespiegelten Schicksalswenden mit starkem Ausdruck zu vermitteln. Trotzdem vermisst man besonders im abschließenden Adagio ein wenig die zwingende hymnische Steigerung des Originals und die dichte polyphone Überlagerung der Stimmen, wenn das Zitat des Bach- Chorals Es ist genug eine enge Verbindung mit Bergs eigener Tonsprache eingeht.
Alban Berg als Bearbeiter
Dass Alban Berg auch selbst als Bearbeiter tätig war, zeigt seine Fassung des Adagios aus seinem Arnold Schönberg gewidmeten Kammerkonzert für Violine, Klarinette und Klavier, die wohlweislich auf diesen einen, ausgreifenden Satz beschränkt ist. Die Wiedergabe ist zugleich durchsichtig und ausdrucksstark. Dabei machen die Interpreten deutlich, wie eng bei Berg Konstruktion und Verinnerlichung aufeinander abgestimmt sind.
Maxim Brilinsky hat auch zwei Stücke aus Alexander Zemlinskys Bühnenmusik zu Shakespeares Cymbeline bearbeitet, die 1913 entstanden ist, aber erst 1996 in Suitenform aufgeführt wurde. Die beschwingte, genau austarierte Wiedergabe durch die vier Wiener macht deutlich, dass Zemlinskys expressive Sprache sich in der Nähe von der seines Freundes Bergs bewegt, auch wenn er sich nicht in atonale Wagnisse begab. Die Interpretation ist vor allem durch das zarte Wechselspiel von Violine und Klarinette geprägt.
Musik der Gegenwart
In die Gegenwart führen vier moderne transfigurations von dem 1981 geborenen Komponisten und Geiger Thomas Wally. Dies sind aphoristisch knappe, von starken rhythmischen Impulsen geprägte Stücke, die meditative und dramatische Phasen einander gegenüber stellen. Thomas Wally sieht dabei die Idee der „Transfiguration“ als Gestaltumwandlung. Das sorgfältige Beiheft bietet Einblicke in die Konzeption der CD insgesamt und knappe Hinweise zu den einzelnen Werken.
Prof. Klaus Trapp [17.05.2023]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Alexander Zemlinsky | ||
3 | Cymbeline (Zwei Stücke aus der Bühnenmusik, arr. für Violine, Klarinette, Kontrabass und Klavier: Maxim Brilinsky) | 00:08:06 |
Thomas Wally | ||
5 | transfigurations für Violine, Klarinette, Kontrabass und Klavier (Neue Version) | 00:10:57 |
Alban Berg | ||
9 | Adagio (2. Satz aus dem Kammerkonzert, bearbeitet für Violine, Klarinette und Klavier) | 00:13:08 |
Interpreten der Einspielung
- Maxim Brilinsky (Violine)
- Stefan Neubauer (Klarinette)
- Bartosz Sikorski (Kontrabass)
- Johannes Piirto (Klavier)