Christian Ridil
Chamber Music Vol. 2
Genuin GEN 23823
1 CD • 74min • 2022
26.05.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Christian Ridil hat seine musikalische Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen erfahren und agiert als Chorleiter und Musikpädagoge. 1994 wurde er zum Musikdirektor der Frankfurter Goethe-Universität ernannt. Darüber hinaus ist er als innovationsfreudiger Komponist geistlicher und weltlicher Werke in Erscheinung getreten. Das Label Genuin Classic hat nun die zweite Folge einer komponistischen Retrospektive dieses universellen Musikers veröffentlicht, welcher im Juni seinen 80. Geburtstag feiert.
Weitgespannter Horizont
Die mit viel Sorgfalt und Herzblut eingespielten Werke zeigen einmal mehr den weitgespannten Horizont, in dem Ridils Personalstil verschiedenen instrumentalen und vokalen Formaten gerecht wird. Mit den beteiligten Musikerinnen und Musikern hat Christian Ridil auf dieser Aufnahme hervorragende Übermittler für die eigene künstlerische Mission gefunden. Ridil schreibt durchweg modern, ohne sich dabei in abstraktem Neutönertum zu verzetteln, denn dafür überwiegt ein viel zu großer Respekt vor musikgeschichtlichen Fixpunkten – vor allem natürlich die Kontrapunktlehre, die auch für die Moderne des 20. Jahrhunderts ein universelles Koordinatensystem bleibt.
Das Eröffnungsstück Meyenmusick adaptiert ein Volkslied aus der eigenen Breslauer Heimat. Hier nährt es die Spiellust eines Hornquartetts in einem vielsätzigen Geflecht. Neun Variationen offenbaren die ganze Satzkunst Ridils, wo aus alten Satztechniken bruchlos und leichtfüßig experimentellere motivische Verfahren hervorgehen. Für die vier Hornisten ist dies Anlass genug, energetisch und musikantisch zusammen zu wachsen. Ganz anders kommt danach eine Querflöten-Solosuite daher: Hier kann der Interpret Jens Josef barocke Solo-Formen wie Präludium oder Courante als Sprungbrett für Neues und Freies aufgreifen, damit funkelnde Expressivität entsteht.
Konzentrierte Symbiosen
Ihren Höhepunkt erfährt die Aufnahme mit der Komposition Dunkle Duos einer Folge von vier minimalistisch-tänzerischen Stücken für Fagott und Violoncello, die eigentlich gar nicht so dunkel anmutet. Denn dafür ist viel zu viel Klangpracht und tänzerisch-musikalische Anmut im Spiel. Jaka Stadler spielt einen hinreißend schönen Celloton und phrasiert geschmeidig. Rainer Seidels lupenrein funkelndes Fagottspiel steht damit in einer konzentrierten Symbiose. Drei Sonette nach Texten von Martin Opitz belegen, wie sehr auch die Gesangskunst in Ridils Kammermusikideal Platz findet – in diesem Fall mit einer höhensicher artikulierenden Mezzosopranistin Melinda Paulsen sowie Shelly Ezra (Klarinette), Alexander Sachs (Violine) Dmitry Hahalin (Viola) und Michael Preuss (Cello).
Eindrucksvolles Streichquartett
Das größte Werk steht am Ende und liegt in den profunden Händen des international gefragten, in Frankfurt bemeimateten Eliot Quartetts. Es ist Christian Ridils Streichquartett Sisifo aus dem Jahr 1997. Auch hier entfaltet sich ein Kosmos aus feinnervig schillernden Klanggesten, lebt ein intensiver Zustand von komplexer Verwobenheit, der aber in stolzen 26 Minuten Spieldauer niemals irgend eine schnöde Effekthascherei nötig hat. Denn bei aller Freiheit, die sich Christian Ridil leistet, bleibt auch in der kühn verschachtelten Struktur dieses Quartetts der Willen zu formaler Klarheit erhalten, der hier auch manchmal auf Pfitzner oder Beethoven verweist.
Stefan Pieper [26.05.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Christian Ridil | ||
1 | Variations on a Breslau May Song [16th c] for Four Horns | 00:12:45 |
12 | Suite für Flöte | 00:12:09 |
16 | Dunkle Duos für Violoncello und Fagott | 00:09:24 |
20 | Three Sonnets After Texts by Martin Opitz | 00:12:44 |
23 | Sisifo | 00:26:36 |
Interpreten der Einspielung
- Eliot Quartett (Streichquartett)
- Mitglieder des Sinfonierochesters des Bayerischen Rundfunks (Ensemble)
- Gäste ()