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Besprechung CD

Johann Gottlieb Janitsch

Chamber Music

Prospero Classical PROSP0069

1 CD • 65min • 2022

29.04.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Johann Gottlieb Janitsch (1708-1763) gehört zu den heute vergessenen Komponisten der so genannten Generation der „Bach-Söhne“, die eine musikalische Brücke zwischen dem deutschen Spätbarock und den Meistern der aufblühenden Klassik in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts bauten. Janitsch, aus dem niederschlesischen Schweidnitz gebürtig und im nahegelegenen Breslau auf die Fährte der Musik gebracht, war seit 1736 Kammermusiker des späteren Friedrichs II. von Preußen an dessen kronprinzlicher Hofkapelle in Rheinsberg und wurde auch Mitglied der neugegründeten Berliner Hofkapelle nach Friedrichs Herrschaftsantritt 1740. Derselben Hofmusik gehörte auch Friedrichs Kammercembalist Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) an: Nur wenige Jahre jünger als Janitsch war der „Berliner“ (und später „Hamburger“) Bach seinerzeit weit mehr als sein Vater ein großes musikalisches Vorbild des 18. Jahrhunderts; auch Janitsch blieb von der damals revolutionär neuen Musiksprache seines Kollegen Bach nicht unbeeinflusst, selbst wenn sein eigener Stil mehr der „galanten“ Musik zuneigte.

„Freitagsakademie“

Die Musiker des Berner Ensembles Die Freitagsakademie haben ihren Namen einer Konzertreihe entlehnt, die damals in Berlin eine neue Form des Konzertlebens etablierte und die das bürgerliche gegenüber dem höfischen Musikleben emanzipierte. Einer ihrer Protagonisten war Johann Gottlieb Janitsch – in seiner Berliner Wohnung fanden jeweils am Freitag allgemein zugängliche Konzerte statt, die auch dem wohlhabenden Bürgertum Berlins offenstanden. Einer der Stars dieser Konzerte dürfte Carl Philipp Emanuel Bach gewesen sein: Der Kammercembalist Friedrichs II. engagierte sich mehr und mehr im Berliner Musikleben – nicht zuletzt wohl auch aus Enttäuschung darüber, dass der König mit ihm den bekannten Namen Bach an seinen Hof verpflichtet hatte; von der besonderen und höchst innovativen Musik seines Bachs hielt der große Friedrich allerdings wenig. Majestät neigten eher dem galanten Stil seiner Zeit zu.

Vom Liebeslied zum Passionschoral

„O Haupt voll Blut und Wunden“ teilt wie viele alte evangelische Kirchenlieder seine Melodie mit einem populären weltlichen Lied: Hans Leo Hassler (1564-1612) schrieb sie auf das Gedicht „Mein G’müt ist mir verwirret, das macht ein Jungfrau zart“ und veröffentlichte das Liebeslied 1601 in seiner Sammlung „Lustgarten neuer deutscher Gesäng“. 1656 übernahm Johann Crüger die Melodie für das Kirchenlied „O Haupt voll Blut und Wunden“ – eine im evangelischen Bereich durchaus übliche Methode, den Gemeindegesang im Gottesdienst zu fördern, indem bekannte weltliche Melodien auf vom Versmaß her passende geistliche Dichtungen übertragen wurden.

Kammermusik zum Karfreitag

In vergleichbarer Weise übernimmt Janitsch den Choral für sein Quadro in g-Moll, das den Abschluss dieser Einspielung bildet. Die Tonart g-Moll deutet nach der Tonartenlehre bereits einen ernsten und schwermütigen musikalischen Charakter an: Somit kann dieses ebenso feierlich wie dramatisch gestaltete Stück durchaus als würdevolle „geistliche“ Kammermusik für eine „Karfreitagsakademie“ gelten und lässt in diesem Zusammenhang an Joseph Haydns Kirchensonaten „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz“ denken.

Lebendige Darstellung

In der farbigen Besetzung von Traversflöte, Oboe und Streichern liefert Die Freitagsakademie ein überaus farbiges Bild dieser Musik. In ihrer ebenso einfühlsamen wie lebendigen Darstellung zeigt sich der musikalische Kosmos des Komponisten – besonders seine Verankerung in der Tradition der satztechnischen Kunst des Kontrapunkts, für die er noch 1784, mehr als 20 Jahre nach seinem Tod, von seinem Kollegen Johann Wilhelm Hertel gepriesen wurde, aber auch seine Versiertheit im neuen galanten Stil. Die hier zusammengestellten Werke werden ihrer überaus stilsicherer und einfühlsamer Weise als bisher wenig bekannte Facette der Kammermusik der Schule von C. Ph. E. Bach präsentiert: Die Liebhaber dieser Epoche dürfen eine bemerkenswerte Bereicherung im CD-Spektrum für diese Zeit willkommen heißen.

Der Lebendigkeit der künstlerischen Darstellung entspricht ein höchst natürliches und gut durchhörbares Klangbild.

Detmar Huchting [29.04.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johann Gottlieb Janitsch
1Sonata da Camera D-Dur (Echo) 00:13:21
4Sonata da Camera c-Moll op. 1 Nr. 1 00:09:53
7Sonate G-Dur op. 1 Nr. 2 00:15:33
10Sonata da camera e-Moll 00:10:15
13Quadro über O Haupt voll Blut und Wunden 00:16:12

Interpreten der Einspielung

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