Schwanberger Claviersonaten
Klang einer Braunschweiger Geschichte
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1 CD • 53min • [P] 2022
25.07.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Einen Meister der frühen Klaviersonate und Angehörigen der Generation Joseph Haydns präsentiert die vorliegende CD: Johann Gottfried Schwanberger (1737-1804), der mit 25 Jahren 1762 Hofkapellmeister am Opernhaus am Hagenmarkt in Braunschweig, der Hauptstatdt des gleichnamigen Herzogtums, wurde und in dieser Position bis 1802 wirkte.
Der zweite Star dieser CD ist das Fortepiano des ebenfalls in Braunschweig tätigen Carl Lemme: Sein Hammerklavier von 1796 weist eine höchst eigenständige Ausprägung des Übergangs vom Cembalo zum Fortepiano auf, der im Klavierbau des 18. Jahrhunderts vollzogen wurde: Mit nur 75 kg Gewicht ist es ein eher fragiler Vertreter der neuen Gattung von Tasteninstrumenten; sein Klang ist überaus nuanciert und vermag alle Feinheiten von Melodik und dramatischer Darstellung der Emotionen wiederzugeben, mit der die Musiker des empfindsamen Zeitalters in der Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Aufbruch in in eine neue Epoche der Musik auszustatten bestrebt waren. Bedenkt man das Lob, das der junge W. A. Mozart den Fortepianos von J. A. Stein 1777 in einem Brief an seinen Vater ausstellte, dann wäre er gemessen an den Kriterien, die er an Steins Instrumente anlegte, von Lemmes Instrument mindestens genauso begeistert gewesen – er kannte diese Braunschweiger Kostbarkeiten einfach nicht.
Ein bemerkenswerter Instrumentenbauer
Carl Wilhelm Lemme (1746-1815) ist in Braunschweig zur Welt gekommen und baute dort Claviere, die von Zeitgenossen offensichtlich hoch geschätzt wurden; nur so lässt sich erklären, dass er sich gegen vielfältige Etikettierungen anderer Fortepiani, die als Instrumente aus seiner Werkstatt ausgegeben wurden, mit einer Kennzeichnung durch das „Wappen des Durchlauchtigsten Hauses Braunschweig“ zur Wehr setzte.
Leider haben von seinen zahlreichen Instrumenten nur wenige überlebt, darunter dieses 1796 gebaute Fortpiano, das in den USA ausfindig gemacht wurde, dank Peter Karsten, dem Braunschweiger Sammler historischer Musikinstrumente, jetzt an seinen Ursprungsort zurückkehren konnte und hier nach aufwändiger Restaurierung von neuem erklingt – ein mit den besten Hammerklavieren seiner Zeit absolut ebenbürtiges Instrument.
Solistische Leistung
Allein die Schwierigkeit, als mit den Abmessungen der Instrumente unserer Zeit vertrauter Musiker mit den anderen, schmaleren Abmessungen der Tastatur des historischen Instruments übereins zu kommen, ist nicht zu unterschätzen: Daraus resultierende Unsicherheiten bezüglich der Treffsicherheit sind auch in dieser Aufnahme gelegentlich zu hören. Das spricht aber auch dafür, dass die vorliegende Einspielung größeres Gewicht auf die künstlerische Aussage legt als auf eine Ton-für-Ton-Perfektion, die allerdings angesichts eines Instruments mit derart nuancierter Klanglichkeit meiner Überzeugung nach nur durch einen ausufernden Schnitt und auf die Gefahr der Verfremdung des künstlerischen Gesamteinducks hin zu erreichen wäre.
Claus-Eduard Hecker, der übrigens als Organist an St. Katharinen zu Braunschweig Amtsnachfolger von Carl Lemme ist, meistert das Instrument in all seinen Klangnuancen und präsentiert Johann Gottfried Schwanbergers seit mehr als 200 Jahren vergessene Klaviersonaten mit Einfühlung und Charme.
Galante Klaviermusik wiederzuentdecken
Schwanberger war für seine Opern für das Braunschweiger Opernhaus am Hagenmarkt weithin berühmt, auch seine Klavierwerke wurden als einfallsreiche Beiträge zur galanten Musik der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Zeitgenossen geschätzt. Es ist dieser Aufnahme zu verdanken, dass eine bemerkenswerte Facette der Klaviermusik des klassischen Zeitalters und ein besonders klangschönes Hammerklavier dem Hörgenuss heutiger Musikfreunde wieder zugänglich sind.
Detmar Huchting [25.07.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Gottfried Schwanberger | ||
1 | Klaviersonate Nr. 1 C-Dur | 00:11:02 |
4 | Klaviersonate Nr. 2 Es-Dur | 00:09:04 |
7 | Klaviersonate Nr. 3 A-Dur | 00:04:13 |
9 | Klaviersonate Nr. 4 C-Dur | 00:05:08 |
10 | Klaviersonate Nr. 5 G-Dur | 00:05:12 |
12 | Klaviersonate Nr. 6 B-Dur | 00:09:25 |
15 | Klaviersonate Nr. 7 a-Moll | 00:06:21 |
17 | Klaviersonate Nr. 8 A-Dur | 00:02:49 |
Interpreten der Einspielung
- Claus-Eduard Hecker (Hammerflügel)