Les quatre saisons d'un musicien ermite
Musique de chambre et pièces solistes autour de la guitare

Paraty 112111
1 CD • 54min • 2020
25.02.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Es darf kontrovers diskutiert werden, ob die „klassische“ Konzertgitarre zu wenig in der zeitgenössischen Musikszene präsent ist, wie es der französische Komponist Éric Pénicaud beklagt. Beim Hören des neuen Albums mit Kammermusik von Éric Pénicaud besteht aber kein Zweifel daran, dass dieser Komponist, ein Freigeist und weitgereister Lebenskünstler überdies, durch sein fantasievolles Wirken einem solchen Zustand gründlich entgegenwirkt. Mehr noch: In sehr variablen Besetzungen holt er sein Lieblingsinstrument aus jeder introvertierten Selbstbezogenheit heraus.
„Les quatre saions d'un musicien ermite“ ist ein Konzeptalbum, wobei die einzelnen Stücke sehr unterschiedlich besetzt und angelegt sind. Für diese vielen kleinen Geniestreiche stehen fabelhafte Spielerinnen und Spieler und ein ebensolcher Chor bereit. Zwei Gitarristen pflegen im Eröffnungsstück Jusqu´en notre exil tu murmures zusammen mit einem Vokalensemble sowie einem filigranen Cello eine erstaunliche Interaktion. Reibungen in minimalen Intervallen verweisen auf die musikalische Gegenwart, ebenso auf spirituelle Elemente, die vor allem im Chorsatz aufleben.
Das Neue ist im Alten oft schon angelegt
Wie sehr alte Vorbilder von neuen Ideen durchkreuzt werden bzw. wie das Neue darin an sich schon angelegt ist, zeigen diverse Solostücke, welche mit den Ensemble-Kompositionen abwechseln. Erstaunliche Wege lotet der Gitarrist Sébastien Linares aus, wenn er verschiedenartig über barocke Themen und Tänze improvisiert. Die weiteren Ensemblestücke spannenden den fantasievollen Bogen weiter: Vertige de la Siguiriya zieht in eine raffinierte, repetitive Struktur hinein, welche durch flamenco-typisches Händeklatschen, eine afrikanische Djembe und eine Cajon, welche die Bassgrundierung liefert, verdichtet wird. Eine feinsinnige Suite für Streichinstrumente und Gitarre hat Pénicaud dem ewigen Zyklus der vier Jahreszeiten entlehnt, auch hier entfalten sich spannende Konfrontationen aus Modernität und Spiritualität. Man kommt mit allen Versuchen, dies weiter kategorisieren zu wollen, schnell an seine Grenzen, wo hier doch ein Komponist auf unbeirrte Weise dem Verborgenen und Unbewussten auf die Spur kommen will.
Für den Titel für dieses Album mit erstaunlicher aktueller Musik aus Frankreich hat Éric Pénicaud seine eigene Interpretation parat: Der Musiker ist zum Einsiedler geworden, weil er sich aus der Außenwelt flüchtet, lautete die übliche Assoziation. Dabei ist es im Sinne von Éric Pénicaud genau andersherum: Die Menschen haben sich durch selbstauflegte Einengungen in einen Zustand von Isolation begeben – aus dieser findet wiederum ein schöpferische Musiker einen Ausweg.
Stefan Pieper [25.02.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Éric Pénicaud | ||
1 | Jusqu'en notre exil tu murmures | 00:08:44 |
2 | Improvisation sur la sarabande | 00:03:10 |
3 | Vertige de la Siguiriya | 00:04:20 |
4 | Improvisation XVII-XXI | 00:07:54 |
5 | Les quatre saisonsd'un musicien ermite | 00:11:59 |
6 | Parabole créole | 00:04:00 |
7 | Le nuage d'inconnaissance | 00:08:24 |
8 | Puis le Rayon vert | 00:05:41 |
Interpreten der Einspielung
- Quatuor Vocal Unité (Vokalquartett)
- Maitane Sebastián (Violoncello)
- Sébastien Llinares (Gitarre)
- Nicolas Lestoquoy (Gitarre)
- Samuelito (Gitarre)
- Sara Chenal (Violine)
- Olivier Pelmoine (Gitarre)
- Timothée Vinour-Motta (Gitarre)
- Quatuor à Cordes Sine Qua Non (Streichquartett)