Beethoven RECOMPOSED
Naxos 8.579081
1 CD • 61min • 2020
12.12.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Etwas irreführend ist der Titel „Beethoven re-composed“ ja schon. Denn die neue Produktion der LGT Young Soloists für das Label Naxos zeigt Beethoven pur – und zwar so, wie es die heutige Gegenwart sieht! Paul Struck übertrug die Klavierparts der beiden auffällig konzertanten Sonaten op. 69 und op. 47, letztere Kreutzersonate genannt, auf ein Streicherensemble. Vielleicht hätte Beethoven dies selbst schon getan, hätte er so ein begeisterungsfähiges Ensemble wie die LGT Young Soloists zur Verfügung gehabt...
Seit 2013 mischen die jungen Musiktalente aus 15 Nationen unter Leitung von Alexander Gilman den konventionellen Konzertbetrieb auf, gelten längst als eines der wenigen echten Weltklasse-Jugendorchester. Hier ist das Orchester nicht mehr länger ein hierarchischer Apparat, sondern ein Kosmos junger Individuen, in dem jede und jeder Solist sein kann. Wer unter den vielen Bewerbern ausgewählt wurde, erlebt ein produktives „Learning by doing“ durch ausgiebiges Spielen von Livekonzerten und bewusst ausgewählten CD-Projekten.
Starke Impulse
Die lupenreine Transparenz diese Ersteinspielung (!) macht fühlbar, wie diese jungen Menschen musizieren: Der jeweilige Solist in der Mitte, umringt von allen anderen in gemeinsamer Interaktion. Wie beglückend frei und tiefempfunden entfaltet sich die gerade 14 Jahre junge kanadische Cellistin Luka Coetzee innerhalb dieses filigranen Streichorchesters in Beethovens lichtdurchfluteter dritter Cello-Sonate A-Dur. Hier kann man die seidenweichen Verbindungen und Verschmelzungen der lupenrein intonierenden hohen und tiefen Streichinstrumente fast plastisch fühlen.
Schon das dramatische Moll-Seitenthema im Kopfsatz der ersten Sonate – etwas leiser, dafür eine Nuance schneller gespielt – offenbart, dass die LGT Young Soloists die Partitur nicht nur verstanden haben, sondern sich davon in jugendlichem Sturm und Drang beflügeln lassen. In diesem Sinne stürmt das Scherzo federleicht nach vorn – und auch viele weitere funkelnden Details machen immer wieder eines klar: Beethoven und jugendliche Lebenswelt sind überhaupt kein Widerspruch.
In der Violinsonate op. 47 tritt eine andere imponierend ausgereifte, instrumentale Stimme in die Mitte des Kreises: Der 24jährige Amerikaner Miclen LaiPang nimmt es mit nichts geringerem als jenem op. 47 auf, dieser riesigen, weit in die romantische Diktion verweisende Sonate, die als Kreutzersonate ins Repertoire der Besten ihres Fachs eingegangen ist. Jetzt geht es tiefschürfender und noch dramatischer zur Sache, was auch Miclen Lai Pangs Tongebung und seine spielerische Expression vom ersten Ton an zeigen. Souverän wirkt, wie dieses Orchester nochmal einen Gang an Ausdruckswucht zulegt. Die jungen Musiker spielen, wie sie leben und fühlen und versinken doch nie in Schwere dabei, wo sich das eigene Tun und das Wirken in diesem Orchester wie ein fröhlichens Crescendo anfühlen mag. Das suggeriert zumindet diese neue CD. Übrigens: Der Widmungsträger dieser Sonate, der Geiger Rudolph Kreutzer, hat diese Sonate nie gespielt, denn er fand sie zu schwierig, ja unspielbar. Beethoven lebte zu früh, um Miclen LaiPang und die LGT Young Soloists kennen zu lernen...
Stefan Pieper [12.12.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Sonate Nr. 3 A-Dur op. 69 für Violoncello und Klavier (bearb. für Violoncello und Streicherensemble: Paul Struck 1961) | 00:27:55 |
4 | Sonate Nr. 9 A-Dur op. 47 (Kreutzer-Sonate) für Violine und Klavier (bearb. für Violine und Streicherensemble: Paul Struck 2019) | 00:33:17 |
Interpreten der Einspielung
- Luka Coetzee (Violoncello)
- Miclen LaiPang (Violine)
- LGT Young Soloists (Streicherensemble)
- Alexander Gilman (Dirigent)