Victoria Borisova-Ollas
Angelus
Orchestral Works
BIS 2288
1 CD/SACD stereo/surround • 82min • 2016, 2017, 2019
02.10.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Musik der in Russland geborenen schwedischen Komponistin Victoria Borisova-Ollas (Jg. 1969), die hier mit fünf kürzeren Orchesterwerken vorgestellt wird, ist eklektizistisch durch und durch. Leicht goutierbar, konsonant, immer tonal – und selbst bei kleinen Ausnahmeabstechern ins formal-atonale ohne schmerzhaften Biss. Das titelgebende Werk Angelus, von den Münchner Philharmonikern anlässlich der 850-Jahr-Feier der Stadt in Auftrag gegeben, beginnt mit keltisch angehauchten Klängen, um sich dann zu einem Portrait Münchens und seiner Kirchenglocken zu wandeln. Allerdings: Auch allen mit diesen Glocken und dem gelegentlichen Vogelzwitschern auf dem Viktualienmarkt gut Vertrauten muss das beim Hören nicht zwingend in den Sinn kommen (obwohl das notetreue Zitat des Rathaus-Glockenspiels ein Wink mit dem Zaunpfahl ist.) Tatsächlich hören sich Ausschnitte aus dem Werk aber eher an, als wären sie einer Chinoiserie-Szene von Gilbert & Sullivan entsprungen.
Es bleibt nicht bei dieser einen Assoziation mit englischer Musik in den Werken von Borisova-Ollis. In der Streichorchesterbearbeitung des Streichquartetts Creation of the Hymn klingt im langsamen Satz (Tranquillo) Vaughan Williams' Lark Ascending durch … absichtlich oder nicht. Anderswo findet man Querverbindungen zu Wagner, Malcolm Arnold, Tigran Mansurian bzw. einer ganzen Anzahl tatsächlicher oder vermuteter deutscher, englischer, russischer und italienischer Komponisten. Open Ground, inspiriert von Salman Rushdies Roman Der Boden unter ihren Füßen, klingt hie und da wie die Musik zu „Turandot - Der Film“ und wartet mit erstaunlich deutlich an Janáček erinnernden Passagen auf.
Klanglandschadften – atmosphärisch Verpackt
Das mag, so beschrieben, klingen wie Querbeet oder Kraut und Rüben. Tatsächlich werden diese vermeintlichen Versatzstücke von Borisova-Ollas in eine leicht zu hörende Klanglandschaft aus anschwellenden Höhepunkten, orchestralen Ausbrüchen und leisen atmosphärischen Tönen verpackt. Es ist schöne Musik, die sich nicht scheut eingängig zu wirken. Musik, die auch vor gelegentlichem Kitsch oder immer wiederkehrenden Filmmusik-Momenten nicht zurückschreckt. Sie wirkt darin zwar nie ganz so originell wie die durchaus anders geartete, aber ebenso eklektische Musik von Erkki-Sven Tüür, aber für diejenigen, die von dieser Musik getragen werden wollen, ist es genau das Richtige. Zudem ist alles exquisit gespielt vom Königlich Philharmonischen Orchester Stockholm, aufgenommen und eingefangen in ausgezeichnetem Klang auf SACD und CD-Layer gleichermaßen.
Jens F. Laurson [02.10.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Victoria Borisova-Ollas | ||
1 | Angelus | 00:22:07 |
2 | The Kingdom of Silence | 00:14:25 |
3 | Before the mountains were born | 00:17:58 |
4 | Creation of the Hymn | 00:15:13 |
10 | Open Ground | 00:03:41 |
Interpreten der Einspielung
- Royal Stockholm Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Andrey Boreyko (Dirigent)
- Martyn Brabbins (Dirigent)
- Sakari Oramo (Dirigent)