Ludwig van Beethoven
Symphony No. 9 in D major
BIS 2451
1 CD/SACD stereo/surround • 66min • 2019
18.02.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Diese Aufnahme von Beethovens Neunter ist, bei aller Neugier darauf, wie ein ausgewiesener Bach-Interpret wie Masaaki Suzuki mit seinem Bach Collegium Japan Beethoven sie interpretiert, eine Enttäuschung. Suzuki geht mit derselben Präzision wie bei der Gesamtaufnahme aller Bach-Kantaten an diese Symphonie – aber mit der Präzision eines Chirurgen, es ist ein Musizieren wie mit dem Skalpell: alle Spiritualität scheint weggeschnitten. Es scheint so, wie es der Musikkritiker Hans-Klaus Jungheinrich in seinem Buch „Der Musikroman. Ein anderer Blick auf die Symphonie“ formuliert: „Vor allem das philharmonische Perfektionsstreben – eine vielfach fraglos akzeptierte Maxime musikreproduktiver Ästhetik und Moralität scheint den Werken zu schaden, die, je polierter und ‚schöner‘ sie gespielt werden, desto mehr ihren musikalischen Sinn einzubüßen scheinen.“
Kein Weihrauch
Im 1. Satz herrscht rhythmisch gespannte Energie, mehr allegro als maestoso, die Geigenblitze zucken nur strukturell, nicht unter Weihrauchdämpfen – aber damit schwindet auch die philosophische Dimension, die Blitze sind nur rhythmische Motive, keine Schöpfungsblitze, es findet kein „Schöpfungsakt“ statt, wie Robert Schumann meint, es ist wenig zu spüren von der „philosophischen Kraftkonzentration“, von der Martin Geck spricht, es ist nichts vom Kant‘schen „gestirnten Himmel über mir“ zu spüren, den Beethoven ja als philosophisches Motto immer wieder zitiert. Dazu klingt alles etwas krachig, nicht etwa himmelstürmend oder –bauend. Man muss ja nicht geradezu furtwänglerisch erschauern, aber ein bisschen Erhabenheit würde nicht schaden.
Kein bacchantischer Taumel
Das Scherzo des 2. Satzes hat gar nichts Tänzerisches mehr, es herrscht kein „bacchantischer Taumel“, wie Beethoven in seinen Notizen anklingen lässt. Obwohl dieser Satz etwas länger dauert als z. B. bei Karl Böhm (1970) und viel länger als bei Karajan (1977), wirkt er schneller, eiliger. Die Anfangstakte des Adagios hören sich gewollt geheimnislos an, als wollte Suzuki keine Versunkenheit, keine Entrücktheit zulassen, es findet kein seliges Aussingen der Phrasen statt, man hört nur exakte Noten.
Kein seelischer Überschwang – aber Feuertrunkenheit des Basses
Dafür kracht’s zu Beginn des Finales richtig und exakt dissonant-chaotisch. Und auch hier herrscht perfekte Exaktheit. Doch Suzuki lässt dabei den seelischen Überschwang vermissen, der über die bloße musikalische Exaktheit hinausgeht. Immerhin gewinnt er aus der rhythmischen Gespanntheit die militärische Gewalt eines Marsches, ja, die Ahnung einer Kriegskatastrophe. Wenn der Bass aber sein Rezitativ anstimmt, wird’s richtig: Der kraftvolle Bass von Neal Davies wird geradezu überschwemmt von der gesungenen Feuertrunkenheit, und wenn der überaus stimmstarke und –gewaltige Chor einsetzt, ist man überwältigt von dessen vokaler Hingerissenheit. Der Sopran von Ann Helen Moen wird niemals schrill, wie man es sonst so oft hört, sondern bleibt immer mozärtlich schwebend. Hervorragend ist die Artikulation des deutschen Textes von allen Sängerinnen und Sängern. Und überwältigend ist der krachend-freudenhysterische Schluss bis hin zum kräftigen Beckenschlag, der dann auch das insgesamt etwas dumpfe Klangbild der Aufnahme vergessen lässt.
Rainer W. Janka [18.02.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 (mit Schlußchor über Verse aus Schillers "Ode an die Freude") | 01:06:28 |
Interpreten der Einspielung
- Ann Helen Moen (Sopran)
- Marianne Beate Kielland (Alt)
- Allan Clayton (Tenor)
- Neil Davies (Bass)
- Bach Collegium Japan (Orchester)
- Masaaki Suzuki (Dirigent)