Frédéric Chopin
Chamber Music
MDG 303 2110-2
1 CD • 74min • 2017, 2018
26.01.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Neben seinen beiden Klavierkonzerten schrieb Frederic Chopin vier kürzere orchesterbegleitete Werke für sein Instrument: die Variationen über Don Giovannis Verführungsversuch an Zerlina op. 2, die Fantasie über polnische Lieder op. 13, den Krakowiak op. 14 sowie die Grande Polonaise op. 22, der er später das nocturneartige Andante spianato voranstellte. Diese erschienen zunächst nicht als Partitur, sondern in zweierlei Gestalt: Klavier solo und Klavier solo mit Orchesterstimmen für 2 Violinen, Viola, Cello und Kontrabass. Diese Orchesterstimmen enthielten dann auch die Bläserpartien, die – sollten entsprechende Instrumentalisten zur Verfügung stehen – erst herausgeschrieben werden mussten. Der Grund hierfür war, dass einem Virtuosen auf der Durchreise meist kein volles Orchester zur Verfügung stand, aber ein Quintett zumeist auch in kleineren Städten verfügbar war, da jeder gelernte Stadtpfeifer auch ein Streichinstrument beherrschen musste. Auf diese Weise wurde auch eine Aufführung in privaten Salons ermöglicht, die häufig nötig war, um einem jungen Pianisten die Möglichkeit eines öffentlichen Auftritts zu verschaffen.
Selten aufgenommene Werke
Während die Variationen und die Polonaise, deren Orchestersatz eher dekorativ ist, in ihrer Solofassung ins pianistische Repertoire eingingen, gehören Fantasie und Krakowiak zu den am seltensten eingespielten Werken. Auch das Klaviertrio, das hier in der von Chopin als Alternative vorgeschlagenen Fassung mit Viola anstatt Violine erklingt, gehört nicht zu den populärsten Werken des Komponisten. Seine Lieder auf polnische Texte, bei denen es schwierig ist, sie mit einem Text in literarisch überzeugender Übersetzung zu unterlegen, hört man zumeist in den Transkriptionen Liszts, hier in einer Fassung für Violoncello und Klavier.
Johann Blanchard beherrscht seinen anspruchsvollen Klavierpart auf sehr hohem Niveau, erreicht in Fantasie und Krakowiak jedoch nicht die lässige Eleganz und das Feuer, die die hinreißende Aufnahme Jan Lisieckis auszeichnen. Das liegt auch an der Parnassus Akademie, die den Quintettsatz mit zuviel Dauervibrato auf pastosen Klang anlegt. Wenn man schon auf die reduzierte Fassung zurückgreift, sollte man – wie bei einem Kupferstich nach einem Gemälde – Texturen verdeutlichen. Sehr viel interessanter gelingen das Trio, das man hier erstmalig in der von Chopin wegen des prominenten Cello-Parts bevorzugten Bratschenfassung hören kann, und die auf dem Cello liebevoll gestalteten Liedbearbeitungen.
Aufnahmetechnisch ist das Klavier gut in den Gesamtklang eingebettet, die Streicher wirken in diesem Fall jedoch zu orchestral. Wegen des ausgezeichneten Booklet-Texts von Joachim Draheim habe ich den Gesamteindruck aufgewertet.
Fazit: Chopin mit frühen, eher unbekannten Kompositionen auf hohem Niveau. Die Fassung des Klaviertrios mit Bratsche lohnt sich, wie auch die Liedbearbeitungen. Fantasie und Krakowiak halten durchaus das Niveau Nelson Goerners (Hammerflügel), werden aber von Jan Lisiecki übertroffen.
Vergleichsaufnahmen: Nelson Goerner/ Frans Brüggen, NIF (Narodowy Instytut Fryderyka Chopina - Jan Lisiecki/Krzystof Urbanski, DG 002894797425.
Thomas Baack [26.01.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Frédéric Chopin | ||
1 | Große Fantasie A-Dur op. 13 für Klavier und Orchester (über polnische Lieder) | 00:14:33 |
2 | Mein Geliebter op. 74 Nr. 8 | 00:03:06 |
3 | Trübe Wellen op. 74 Nr. 11 | 00:02:48 |
4 | Mädchens Wunsch op. 74 Nr. 12 | 00:01:51 |
5 | Klaviertrio g-Moll op. 8 | 00:30:26 |
9 | Mir aus den Augen op. 74 Nr. 9 | 00:02:37 |
10 | Das Ringlein op. 74 Nr. 5 | 00:01:29 |
11 | Meine Freuden op. 74 Nr. 2 | 00:02:13 |
12 | Krakowiak op. 14 für Klavier und Orchester (Grand Rondeau de Concert) | 00:15:12 |
Interpreten der Einspielung
- Johann Blanchard (Klavier)
- Parnassus Akademie (Ensemble)