Leopold von der Pals
Symphony No. 1
cpo 555 117-2
1 CD • 72min • 2017
09.07.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Wer ist Leopold van der Pals? Eine Recherche in MGG und Grove erbrachte nichts, ein knapper Wikipedia-Artikel wenigstens die Lebensdaten (1884, St. Petersburg – 1966, Dornach). Das höchst informative Booklet dieser Produktion, dessen Text von Tobias van der Pals – wohl ein Nachfahre des Komponisten – stammt, der bereits einige von dessen Cello-Werken eingespielt hat, war hingegen umso aufschlussreicher: Leopold van der Pals entstammte einer großbürgerlichen Fabrikantenfamilie, der Vater war ein holländischer Adliger aus der Familie van Gilse van der Pals, die Mutter Tochter des Dänen Julius Johannsen, des Kompositionslehrers von Nikolai Rimski-Korsakow und Anatol Ljadow.
Van der Pals studierte zunächst Komposition und Cello in Lausanne. 1907 wechselte er auf Empfehlung von Rachmaninoff zu Reinhold Glière, der damals in Berlin unterrichtete. Dort lernte er Rudolf Steiner kennen und setzte sich – ähnlich wie Skrjabin – mit den Ideen der Theosophie auseinander. Er baute am Goetheanum in Dornach mit und komponierte für die anthroposophische Gesellschaft Musik zu Jahreszeitenspielen auf mittelalterliche Texte. Von seinen 252 mit Opuszahlen versehenen Kompositionen, darunter 3 Sinfonien, ein 45-teiliger Liederzyklus auf den Tod seiner Frau und Kammermusik ist so gut wie nichts im Druck erschienen. Diese Aufnahme von Orchestermusik glänzt also mit vier Weltpremieren.
Wie klingen nun die Werke dieses kosmopolitischen und polyglotten Antroposophen? Die fis-Moll Sinfonie lässt spontan an einen frühen Sibelius mit starkem russischen Akzent denken. Der Kopfsatz beginnt mit einem heroisch-melancholischen Thema, dem ein lyrisch kantabler Seitensatz mit exzellent geblasenem Oboensolo folgt. Die Steigerungen des Hauptthemas in Durchführung und Reprise gemahnen an Elgar. Das Scherzo beginnt französisch (Chabrier), das Trio bildet dann mit geteilten Streichern einen mystischen Ruhepunkt. Das Andante molto hat den Charakter eines erotischen Notturnos. Das Finale greift die Stimmung des Anfangssatzes, ins Dramatische gesteigert, wieder auf. Das gesamte Werk durchziehen kontrapunktierende Gegenstimmen, so dass ein durchaus facettenreicher Satz entsteht. Die Instrumentation ist von meisterlicher Farbigkeit.
Die drei sinfonischen Dichtungen Frühling, Herbst und Wieland der Schmied sind lyrische Kleinodien, beim Wieland auch mit tragischen Untertönen. Ihre Harmonik lebt stärker von chromatischen und modalen Einfärbungen bis hin zur Bitonalität und nähert sich damit Korngold, Schreker oder dem Co-Theosophen Skrjabin. Sie mögen vielleicht nicht ganz an die Schlagkraft der Spitzenwerke dieses Genres von Richard Strauss heranreichen, bereiten in ihrer subtilen Farbigkeit aber durchaus einen besonderen Hörgenuss.
Johannes Goritzki und das besonders an den Bläserpulten hervorragend besetzte Helsingborg Symphony Orchestra meistern diese anspruchsvollen Werke mit hörbarer Begeisterung. Wie aus einer Notiz auf der Webseite des Dirigenten hervorgeht, ist die Einspielung weiterer Orchesterwerke geplant, auf die man sich bereits jetzt schon freuen darf.
Fazit: Ein Muss für alle Liebhaber spätromantischer Werke, zudem man damit beim „Komponistenraten in geselliger Runde“ sein Punktekonto verbessern kann.
NB: Die obigen Komponistenvergleiche dienen nur der ungefähren stilistischen Einordnung. Van der Pals Musik ist fern jeglicher epigonaler Imitation.
Thomas Baack [09.07.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Leopold Van der Pals | ||
1 | Sinfonie Nr. 1 fis-Moll op. 4 | 00:37:01 |
5 | Frühling op. 14 Nr. 1 (Sinfonische Dichtung) | 00:09:50 |
6 | Herbst op. 14 Nr. 2 (Sinfonische Dichtung) | 00:09:39 |
7 | Wieland der Schmied op. 23 (Sinfonische Dichtung) | 00:15:38 |
Interpreten der Einspielung
- Helsingborg Symphony Orchestra (Orchester)
- Johannes Goritzki (Dirigent)