Johann Schelle
Christmas Cantatas
cpo 555 155-2
1 CD • 75min • 2017
27.11.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
So ganz ungehoben sind die Kompositionsschätze von Johann Schelle (1648 – 1701) auf dem Tonträgermarkt nicht mehr; Robert King und Roland Wilson spielten bereits zum 300. Todesjahr auf zwei Produktionen Motetten, Kantaten und geistliche Konzerte ein, die bei cpo erschienene CD von Wilson wurde seinerzeit auch vom Verfasser dieser Zeilen in KLASSIK HEUTE besprochen, nicht uneingeschränkt positiv übrigens. Sogar eine Aufnahme mit Weihnachtsmusik hatte Wilson bereits 1993 mit der Musica Fiata Köln und der Capella Ducale auf deutsche harmonia mundi vorgelegt, welche vier der hier neu eingespielten Werke enthält, darunter auch den großen Actus Musicus auf Weyh-Nachten; das geistliche Konzert Uns ist ein Kind geboren hat Schelle zweimal vertont, Michael Alexander Willens legt nun auf cpo die dreistimmige Version vor, so dass es da keine Dopplungen gibt. Freilich ist die alte Einspielung Wilsons mit Schelles Weihnachtsmusik heute auf üblichem Wege nur noch zu einem unvertretbar hohen Preis zu bekommen.
Diese diskographische Bestandsaufnahme relativiert nur ein wenig den Repertoirewert dieser taufrischen Neueinspielungen der Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens, nicht aber deren hohes Niveau. Generell ist natürlich zu begrüßen, dass in der Flut der Markterscheinungen zu Weihnachten nicht nur Schelles ungleich bekannterer Nachfolger auf dem Amt des Thomaskantors, Johann Sebastian Bach, berücksichtigt wird. Musiziert werden diese geistlichen Konzerte auf dem heute üblichen hohen Standard historisch informierter Aufführungspraxis. Der Chor tritt so homogen in Erscheinung, dass er deutlich voluminöser wirkt, als die Besetzung mit nur zwölf Stimmen es erwarten ließe, dabei durchgehend transparent leuchtend und rhythmisch tänzerisch. Bei der Auswahl der sechs Solostimmen hat Willens es verstanden, Individualisten auszuwählen – nicht zuletzt auch die Männerstimmen singen klar und kraftvoll, gleichzeitig aber auch farbenreich und ausdrucksvoll –, die sich dennoch zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen. Hingewiesen werden muss in diesem Zusammenhang auch auf das präzise, dennoch genügend sinnlich füllige Klangbild.
Schließlich ist die Musik Schelles einfach großartig; allein Vom Himmel kam der Engel Schar ist mit 19 ausnotierten Stimmen von geradezu venezianischer Pracht, bis hin zu dem reizvollen Echoeffekt am Schluss. Es zeigt sich, auch in den schönen Zwischenspielen von Schelles Version der Weihnachtsgeschichte, dem Actus Musicus, die Buntheit des damaligen Instrumentariums, die mittlerweile leider verlorengegangen ist: Seitens der Blechbläser sind sowohl Cornetti als auch Clarinen besetzt, was eine ungeahnte Differenzierung ermöglicht, und auf die Willens bei aller festlich-fröhlichen Musizierfreude große Aufmerksamkeit verwendet. So ist diese neue Schelle-Initiative hoch willkommen, weil sie der Aufführungsgeschichte dieses wichtigen frühbarocken Komponisten feine neue Facetten hinzufügt.
Prof. Michael B. Weiß [27.11.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Schelle | ||
1 | Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben (Geistliches Konzert zumWeihnachtsfest) | 00:08:52 |
2 | Vom Himmel kam der Engel Schar | 00:08:21 |
3 | Die Zeit erfüllet ward | 00:12:40 |
4 | Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben (Geistliches Konzert zumWeihnachtsfest) | 00:08:52 |
5 | Machet die Tore weit (Geistliches Konzert zum 1. Advent) | 00:09:31 |
6 | Ehre sei Gott in der Höhe (Geistliche Konzert zum Weihnachtsfest) | 00:10:23 |
7 | Actus Musicus auf Weyh-Nachten | 00:23:26 |
Interpreten der Einspielung
- Monika Mauch (Sopran)
- Myriam Arbouz (Sopran)
- Marian Dijkhuizen (Alt)
- Georg Poplutz (Tenor)
- Jakob Pilgram (Tenor)
- Raimonds Spogis (Bass)
- Concerto Palatino (Ensemble)
- Die Kölner Akademie (Orchester)
- Michael Alexander Willens (Dirigent)