Hugo Distler
Sämtliche Orgelwerke
Ambiente ACD-2033
2 CD • 1h 48min • 2015
09.07.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Hugo Distler (1908-1942) ist besonders durch seine geistliche Vokalmusik bekannt und Teil des Repertoires vieler Kirchenchöre geworden; der Verfasser dieser Rezension erinnert sich, selbst als Knabensopran im Knabenchor der Kirche Unser Lieben Frauen in Bremen etliche Motetten von Distler einstudiert und in Konzerten und Gottesdiensten mitgesungen zu haben. Über seine Geltung als die markanteste Gestalt jenes Aufbruchs hinaus, der seit 1920 die evangelische Kirchenmusik erneuerte, war Distler auch im Bereich der Musik für den Konzertsaal und der Kammermusik ein energischer Vertreter der besonders mit dem Namen Paul Hindemiths verbundenen Abkehr junger Komponisten von romantischer Opulenz und ihrer Ausrichtung auf klassische und barocke Vorbilder – dies wird beispielsweise in seinen beiden Cembalokonzerten deutlich.
Sein kurzes Leben muss als tragisch gelten: Er wuchs unter trüben Umständen auf, musste sich trotz früh offenbar werdender hoher musikalischer Begabung seinen Ausbildungsweg immer wieder erkämpfen, erlangte aber doch schon bereits – mit 23 Jahren – auf Empfehlung seines Lehrers Günther Ramin die Anstellung als Organist an der Lübecker Jakobikirche. Bis 1937 entfaltete Distler in Lübeck ein reiches Schaffen, das vornehmlich der geistlichen Musik und Kompositionen für Orgel gewidmet war. Mit den seit 1933 herrschenden Nationalsozialisten kam es bald zu Auseinandersetzungen und Behinderungen seiner Arbeit als Kantor und Chorleiter, so dass er 1937 als Professor für Musiktheorie, Formenlehre, Orgel und Chorleitung an die Musikhochschule Stuttgart ging; seit 1940 wirkte er an der Berliner Hochschule für Musik als Professor für Chorleitung, Tonsatz, Komposition und Orgelspiel. Zermürbt von Anfeindungen und in der Furcht, nun seine Einberufung zum Kriegsdienst nicht mehr abwenden zu können – fünf Gestellungsbefehle hatte er vorher abgewehrt –, setzte Hugo Distler am 1. November 1942 seinem Leben ein Ende.
Hugo Distlers Orgelwerk spiegelt deutlich seine vielseitigen Fähigkeiten als Kirchenmusiker, Komponist weltlicher Musik und Pädagoge wider. Somit gerät diese Gesamteinspielung auch zu einer Gesamtschau über das Lebenswerk des Komponisten. Johannes Hämmerle, Orgelschüler von Michael Radulescu in Wien und in Wettbewerben ausgezeichneter Virtuose an Cembalo und Orgel, ist seit 2007 Organist an der Domkirche St. Nikolaus in Feldkirch, dem Bischofssitz des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg. Mit der 1976 von der Schweizer Firma Metzler gebauten Orgel des Doms steht ihm ein Instrument zur Verfügung, dessen farbenreiche Disposition er für fantasievolle Registrierungen nützt: Sie verleihen Distlers Musik eine bestechende klanglich differenzierte Vielfalt. Dabei werden durch klare Artikulation die Strukturen der Musik deutlich, ohne dass Distlers Anliegen, mit jeder Komposition sein eigenes musikalisches Credo zu formulieren, aus dem Blick des Interpreten gerät. Das ist Werktreue im besten Sinne!
Das hochinformative und sprachlich vorzügliche Beiheft verdient ein Extra-Lob.
Detmar Huchting [09.07.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Hugo Distler | ||
1 | Nun komm, der Heiden Heiland op. 8 Nr. 1 (Orgelpartita) | 00:16:38 |
12 | Wachet auf, ruft uns die Stimme op. 8 Nr. 2 (Orgelpartita) | 00:10:06 |
13 | Wie schön leuchtet der Morgenstern op. 8 Nr. 3 I. (Vorspiel und Satz) | 00:02:29 |
17 | Das alte Jahr vergangen ist op. 8 Nr. 3 II. (Vorspiel und Satz) | 00:01:43 |
19 | Jesus Christus, unser Heiland op. 8 Nr. 3 III. (Partita und Satz) | 00:06:29 |
23 | Christe, du Lamm Gottes op. 8 Nr. 3 IV. (3 Vorspiele und Satz) | 00:03:57 |
25 | Mit Freuden zart op. 8 Nr. 3 V. (Vorspiel und Satz) | 00:02:00 |
27 | Ach wie flüchtig, ach wie nichtig op. 8 Nr. 3 VI. (Vorspiel und Satz) | 00:02:16 |
29 | Christ, der du bist der helle Tag op. 8 Nr. 3 VII. (Partita und Satz) | 00:04:19 |
33 | Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ I (Intonation und Satz) | 00:00:50 |
34 | Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ II (Intonation und Satz) | 00:00:55 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Wie schön leuchtet der Morgenstern (Orgelsatz) | 00:01:27 |
2 | Wie schön leucht' uns der Morgenstern (Choralvorspiel) | 00:02:19 |
3 | Es ist ein köstlich Ding, dem Herren danken op. 17 Nr. 1 für hohe Singstimme und Orgel (Geistliches Konzert) | 00:01:45 |
4 | Freuet euch in dem Herrn allewege op. 17 Nr. 2 für hohe Singstimme und Orgel (Geistliches Konzert) | 00:04:47 |
5 | Lieben Brüder, schicket euch in die Zeit op. 17 Nr. 3 für hohe Singstimme und Orgel (Geistliches Konzert) | 00:02:54 |
6 | Dreißig Spielstücke für die Kleinorgel oder andere Tasteninstrumente op. 18 Nr. 1 | 00:28:51 |
36 | Vom Himmel hoch, da komm ich her (Kleines Konzert und Choral) | 00:04:01 |
37 | Orgelsonate (Trio) op. 18 Nr. 2 | 00:10:29 |
Interpreten der Einspielung
- Johannes Hämmerle (Orgel)
- Birgit Plankel (Sopran)