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Besprechung CD

Karl Goldmark

Die Königin von Saba

cpo 555 013-2

3 CD • 3h 08min • 2015

25.05.2016

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Goldmarks Die Königin von Saba, am 10. März 1875 an der Wiener Hofoper uraufgeführt, war eine der international erfolgreichsten Opern des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Später verschwand sie, wie die Werke Meyerbeers, aus dem Repertoire, was nicht allein mit der Eliminierung jüdischer Künstler im Nationalsozialismus zu erklären ist, denn sie wurde auch in anderen Ländern kaum noch gespielt. Die Gattung der Grand Opéra, der Carl Goldmarks Opernerstling zuzurechnen ist, hatte sich überlebt. Populär geblieben ist jedoch die Arie des Assad aus dem 2. Akt, „Magische Töne, berauschender Duft“. Alle bedeutenden Tenöre der letzten 120 Jahre haben sie aufgenommen, von Enrico Caruso, Leo Slezak und Karl Erb bis zu Peter Seiffert und Roberto Alagna. Im vergangenen Jahr nun hat das wagemutige Freiburger Theater erneut den Versuch einer szenischen Realisierung unternommen und dem vergessenen Stück zumindest einen Achtungserfolg errungen. Die (erweiterte) Audio-Version dieser Produktion liegt nun bei cpo auf CD vor und konkurriert im Katalog mit der einzigen offiziellen Aufnahme, die schon 1979 bei Hungaroton produziert wurde, mit Klára Takács und Siegfried Jerusalem in den Hauptrollen und Ádám Fischer am Pult. Es handelt sich bei der Neuaufnahme allerdings nicht um einen Live-Mitschnitt der Aufführung, sie entstand vielmehr ein paar Monate nach der Premiere unter Studio-Bedingungen im Konzerthaus Freiburg und enthält auch die Ballettmusik, die Berichten zufolge in der Inszenierung von Kirsten Harms gestrichen war.

Goldmarks seinerzeitiger Erfolg ist historisch leicht zu erklären. Mit der Königin von Saba füllte er die Lücke, die Meyerbeers Tod und Verdis Schweigen nach der Aida hinterlassen hatten, und er wurde auf Anhieb allen Ansprüchen an eine Grand Opéra gerecht, imposante Tableaus und effektvolle Ballett-Musiken eingeschlossen. Obwohl er musikalisch durchaus einen eigenen Tonfall findet, den Eduard Hanslick in der „Neuen Freien Presse“ im „jüdisch-orientalischen Charakter der Musik“ erkannte, werden doch Reminiszenzen an L’Africaine und Aida wach, die erst wenige Monate zuvor in Wien ihre Erstaufführung in deutscher Sprache erlebt hatte. Auch der romantische Wagner gehört zu den künstlerischen Paten, wenn auch eher in dramaturgischer als musikalischer Hinsicht: Tannhäusers Verstrickung zwischen Venus und Elisabeth findet hier in Assads Verhältnis zur Königin von Saba und seiner Braut Sulamith einen Widerhall.

Der Kritiker und Literat Richard Specht, über Jahrzehnte mit Goldmark freundschaftlich verbunden, nannte ihn in einer Würdigung zu seinem 100. Geburtstag den „größten Zauberer des Orchesterklangs“ und stellte ihn in dieser Hinsicht noch über Berlioz, Wagner und Strauss, was sicherlich übertrieben ist. Er bewunderte den „brennenden Scharlachglanz, dieses sinnlich schwüle Irisieren, dieses silbern Tropfende, Harfende und Psalmende der magischen Töne und des berauschenden Duftes einer Tonsprache, in der alle Märchen von Tausendundeiner Nacht lebendig geworden zu sein scheinen.“

Fabrice Bollon – und das war nach seinen Interpretationen von Cileas L’Arlesiana und Zandonais Francesca da Rimini (beide ebenfalls bei cpo veröffentlicht) zu erwarten – sucht mit dem Philharmonischen Orchester Freiburg diese „duftenden“ Klangfarben aufzuspüren und dämpft in den großen Tableaus den Pomp der Grand Opéra so gut es geht. Bei der Führung der Solostimmen setzt er auf größtmögliche Intimität, statt opernhaftem „Liebesgebrüll“ gibt es atemraubende piani zu vernehmen. Ob das auf der Bühne so gut funktioniert hat wie im Studio, kann ich nicht beurteilen, aber die Verhaltenheit, in der beispielsweise das letzte Duett zwischen der Königin und Assad gesungen wird, als sie ihn erneut zu verführen versucht, hat etwas Bezwingendes.

In Freiburg standen in den drei zentralen Rollen (Königin, Assad, Sulamith) drei hochkarätige, noch entwicklungsfähige lyrische Stimmen zur Verfügung, die eine solche Konzeption umsetzen konnten, wobei der junge thailändische Tenor Nuttaporn Thammathi in den dramatischen Passagen noch an Grenzen stößt, aber die Zärtlichkeit in der Phrasierung nimmt für ihn ebenso ein wie die Bemühung um plastische Diktion der deutschen Texte. In letzterer Hinsicht sind ihm die beiden Damen unterlegen, doch die unaufgesetzte Sinnlichkeit Katerina Hebelkovás als Königin und der blühende Ton Irma Miheličs werden der Musik Korngolds voll gerecht. Lediglich solide ist der Bariton Károly Szemerédy als König Salomon, das übrige Ensemble bietet guten Stadttheater-Standard.

Das Booklet enthält das Libretto in deutsch und englisch sowie Bildbiographien der beteiligten Künstler. Der Essay von Wolfgang Berthold, wohl als Grundlage der szenischen Konzeption zu verstehen, ist für den Hörer der Aufnahme wenig hilfreich, denn über den fast vergessenen Komponisten und seine Musik sowie über Stil, Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der Königin von Saba ist darin nichts zu erfahren.

Ekkehard Pluta [25.05.2016]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Karl Goldmark
1Die Königin von Saba (Oper in vier Akten) 02:28:19

Interpreten der Einspielung

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