Mating Calls
Lockrufe

Profil PH15020
1 CD • 63min • 2013
17.09.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die neue CD vom Meininger Trio ist alles andere als ein Utensil zur gefälligen Untermalung. Denn die sinnlich-eindringlichen Lockrufe, welche Christiane Meininger aus ihrer Querflöte zaubert, ziehen in viel mehr als nur vordergründigen Schönklang hinein, stehen sie doch am Anfang von 63 Minuten voller wagemutiger Kammermusik ohne Netz und doppelten Boden. Und was diese drei Interpreten in ihrem Spiel auf hohem Intensitätslevel verdichten, zeigt einen weiteren erfreulichen Aspekt auf: Jenseits aller kulturellen, ideologischen oder relgiösen Grenzen pflegen – zum Teil noch recht junge – Komponisten einen aufgeweckten interkulturellen Dialog, schöpfen aus reichen Erfahrungsschätzen vieler Länder, haben dabei auch viele Errungenschaften der musikalischen Moderne, vor allem aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgesogen. Mit erfreulich aufgeklärtem Blick – wohlgemerkt!
Als Paradebeispiel für solche Tugenden steht zum Beispiel das Stück Wind Touch der türkischen Komponistin Eli Ebru Sakar. Gerade mal 21 Jahre jung lässt diese Musikerin sich von der Natur inspirieren, fühlt einer dramatisch weitreichenden Farbskala der wechselvollen Intensität des Windes nach. Das ist viel mehr als nur Programmmusik. Die Tonsprache dieser aktuellen Musik ist weitgehend tonal, dabei sehr emotional und subjektiv. Vergleichsweise ruhig, auch gerne etwas meditativ beginnen die Water Waves des fünf Jahre älteren Landsmanns Mehmet Erhan Tanman, dann setzt ein starker virtuoser Part die funkelnde Oberfläche in tosende Bewegung.
Eine Arabian Fantasy in Blue der Libanesin Joelle Khoury gibt der Flötistin Christiane Meininger Gelegenheit zu besonders elektrisierenden Klangeffekten auf der Flöte, vor allem wenn die arabische Tonskalen ins Spiel kommen. Grundlage ist das arabische Liebesliede A Ya Zain , auch diese Komposition beherrscht den souveränen Blickwinkel weit über kulturelle Grenzen hinaus. Eindrücklich ist auch ein Vollmond-Trio des slowenischen Komponisten Blaz Pucihar, das ebenso stark aus subjektiven Natureindrücken ein Maximum an unverbrauchter Ausdruckskraft schöpft.
Die auf diesem Tonträger vereinten Kompositionen sind keine meditativen Klangimpressionen, sondern in jedem Moment eine hochverdichtete Kammermusik, voller Virtuosität, voller energischer Stimmungswechsel und oft stürmischer Leidenschaft. Das trifft auch im besonderen für die titelgebenden Lockrufe von Rainer Lischka und der dreisätzigen Komposition Lotus von Kate Waring zu.
Christiane Meiningers Flötenton hat alles an sinnlicher Emotionalität aufzubieten. Cellist Milos Mlejnik weiß mit bohrend sonorer Klangwucht die Luft zu durchschneiden und Pianist Rainer Gepps Spiel bietet in jedem Moment die ganze nötige impulsive Dynamik auf.
Kleiner Kritikpunkt: Man könnte dieses Erlebnis in Sachen neuer, zum Teil un-erhörter, aber zugleich sehr plausibler Kammermusik auf der Höhe der Zeit etwas aufgeräumter präsentieren – vielleicht nur durch eine etwas andere Abfolge der Stücke auf dieser CD. So braucht man schon einige Anläufe, um alles an musikalischer Raffinesse und klanglicher Intensität auf Anhieb aufzunehmen. Reichlich belohnt wird der aufgeschlossene Hörer durch diesen lebendig dargebotenen State of the Art des modernen Kammermusikspiels allemal.
Stefan Pieper [17.09.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Rainer Lischka | ||
1 | Lockrufe | 00:17:30 |
Elif Ebru Sakar | ||
5 | Wind Touch | 00:06:31 |
Mehmet Erhan Tanman | ||
6 | Water Waves | 00:08:12 |
Joëlle Khoury | ||
7 | Arabian Fantasy In Blue | 00:08:07 |
Kate Waring | ||
8 | Lotus | 00:14:01 |
Blaž Pucihar | ||
11 | Full Moon Trio | 00:08:58 |
Interpreten der Einspielung
- Meininger Trio (Ensemble)
- Roger Goldberg (Kontrabass)