Remembering the Rain
A Jazz View
SWRmusic 93.331
1 CD • 77min • 2014
12.06.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Valentin Radutiu, der herausragende Nachwuchscellist rumänischer Abstammung aus Berlin, der uns zuletzt mit einer grandiosen Gesamteinspielung der Werke für Cello und Klavier von George Enescu beglückte, ist seit längerer Zeit in seiner Freizeit auch als Jazzmusiker tätig, und mit einer spielerischen Selbstverständlichkeit, die der weit überwiegenden Mehrheit seiner klassischen Musikerkollegen vollkommen fremd ist, improvisiert er in sehr ansprechender, farbenreicher und für das Ohr stets höchst angenehmer Weise. Hier tritt er im Verbund mit dem feinen Jazzpianisten Benjamin Schaefer und dem Schlagzeuger Marcus Rieck auf, und es werden in unbestreitbar solider und atmosphärisch absolut kontinuierlicher Weise verführerische Klangteppiche ausgebreitet, auf welchen der Hörer in Traumgefilde abdriften kann.
Dem grundsätzlichen Charakter nach handelt es sich tendenziell um ausgezeichnete Hintergrundmusik, die nicht unbedingt zum intensiven Zuhören animiert, jedoch durchweg sympathische Empfindungen auslöst. In erster Linie werden Standards geboten: Neben vier Nummern von Bill Evans (Interplay, Turn Out the Stars, Laurie und das titelgebende Remembering the Rain) sind dies Jerome Kerns gefühlsseliges Smoke Gets in Your Eyes, Arthur Hamiltons unverwüstliches Cry Me a River, Django von John Lewis und die Autumn Serenade von Peter de Rose und John Coltrane. Hinzu kommen Eigenkompositionen vom Pianisten (Alméria) und von Radutiu und Rieck (Interlude). Als besondere Juwelen gibt es zwei folklorenahe Meisterstücke der klassischen Moderne: das hinreißende Languir me fais von George Enescu, und zwei elegische Nummern aus Béla Bartóks berühmten Rumänischen Volkstänzen, darunter eine mit einer ausgedehnten Ostinato-Einleitung versehene Fassung des ‚Stampfers’. Enescu und Bartók bilden letzten Endes in der echten Tiefe die beiden innigen Höhepunkte dieses Albums, das als Ganzes uneingeschränkt Lounge-tauglich ist und rein stilistisch auch bei ECM hätte erscheinen können.
Mir hätte etwas mehr forscherer Drive, verbunden nicht nur mit größerer Abwechslung, sondern vor allem mit einem das Metrum mehr durcheinanderwirbelnden Offbeat-Spiel des Schlagzeugers, noch mehr gegeben, doch das ist ein persönlicher Einwand. Valentin Radutiu hat mit diesem Album nicht nur den Beweis seiner Vielseitigkeit angetreten, sondern sollte mit seiner erworbenen Fähigkeit, zusammenhängende Melodiebögen zu improvisieren – natürlich gepaart mit exquisiter klanglicher Verfeierung – anderen klassischen Musikern ein Vorbild sein, um der Musik eine Frische zu verleihen, die bei reiner Buchstabentreue oft genug auf der Strecke bleibt. Die klangliche Abbildung ist ausgezeichnet, der Booklettext zwar kompetent, gleichwohl wäre hier angemessen gewesen, dass Ralf Dombrowski den Hörern, die überwiegend aus dem klassischen Segment stammen dürften, etwas mehr über Herkunft und Charakter der dargebotenen Standards erzählte, die nur einem gebildeten Jazz-Publikum selbstverständlicher Bestandteil des Repertoires sind.
Christoph Schlüren [12.06.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Bill Evans | ||
1 | Interplay | 00:05:25 |
George Enescu | ||
2 | Languire me fais | 00:04:43 |
Jerome Kern | ||
3 | Smoke Gets in Your Eyes | 00:06:30 |
Arthur Hamilton | ||
4 | Cry Me A River | 00:07:42 |
Valentin Radutiu | ||
5 | Interlude | 00:04:40 |
Benjamin Schaefer | ||
6 | Almería | 00:05:41 |
Bill Evans | ||
7 | Turn Out the Stars | 00:06:04 |
Béla Bartók | ||
8 | 6 Romanian Folk Dances Sz 56 for Piano | 00:03:27 |
9 | 6 Romanian Folk Dances Sz 56 for Piano | 00:02:07 |
John Lewis | ||
10 | Django | 00:04:50 |
Bill Evans | ||
11 | Remembering the Rain | 00:06:59 |
John Coltrane | ||
12 | Autumn Serenade | 00:03:44 |
Bill Evans | ||
13 | Laurie | 00:04:26 |
Interpreten der Einspielung
- Valentin Radutiu (Violoncello)
- Benjamin Schaefer (Klavier)
- Marcus Rieck (Drums)