Impulse
24 Uraufführungen | World Premiers
Telos TLS 166
2 CD • 2h 33min • 2009-2012
16.04.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„In der Kürze zeigt sich erst der Meister" ist ein altes Sprichwort. Wer etwa in Donaueschingen und anderswo bei eingeführten Neue-Musik-Festivals nicht enden wollende „Riemen" über sich ergehen lassen mußte, wird die Idee des Philharmonischen Orchesters Cottbus und seines Chefdirigenten Evan Christ als geradezu wohlige Entspannung begrüßen, nämlich Aufträge an zeitgenössische Komponisten mit der strengen Auflage zu vergeben, möglichst die Grenze von fünf Minuten nicht zu überschreiten. Die Aufträge ergingen über drei Spielzeiten zu jeweils acht Konzerten, also an insgesamt 24 Tonsetzer, und die meisten haben sich – plus minus pi mal Daumen – an die Vorgabe gehalten; den längsten Beitrag lieferte Detlef Heusinger (geb. 1956) mit seinem Tripelkonzert von elfeinhalb Minuten, die kürzesten von jeweils etwa drei Minuten Luís Antunes Pena (geb. 1973) mit In Hyperventilation und Annette Schlünz (geb. 1964) mit De lonh. Senior der Komponistenrunde ist Luis de Pablo, Jahrgang 1930, die jüngste ist die Slovenin Nina Enk, Jahrgang 1982.
Die Fähigkeit zur ausdrucksvollen Kürze ist bei einigen älteren Komponisten des 20. Jahrhunderts beispielhaft ausgeprägt; nennen wir nur Anton Webern, Igor Stravinsky oder György Kurtág. Erstaunlicherweise und erfreulicherweise hat sich die Vorgabe bei den hier versammelten Komponisten geradezu segensreich ausgewirkt: Von keinem einzigen Stück kann man sagen, es sei „daneben" gegangen, im Gegenteil, die konzentrierte Entfaltung der jeweiligen künstlerischen Idee ist meist sehr gut und überzeugend gelungen. Das beste Stück steht gleich am Anfang: Georg Katzers An Louise (Maschinentanz). Der 1935 geborene Komponist erinnert auf humoristisch-besinnliche Weise an die Brikett-Herstellung im Lausitzer Braunkohlentagebau, bietet also trotz hochmoderner Tonsprache doch so etwas wie Cottbusser Lokalkolorit. Der Argentinier Daniel Teruggi (geb. 1952) orientiert sich in Circling Waters wiederum stark an der Spätromantik, es „mahlert" gewaltig in seinem Stück. Luis de Pablo verarbeitet in Largo eine spanische Melodie, Annette Schlünz nimmt Bezug auf eine Troubadourweise. Auich elektronische Klangumformung ist in dieser Sammlung vertreten. Das Orchester des Cottbusser Staatstheaters bietet eine grundsolide und sehr engagierte Leistung.
Kurzum: wir finden hier ein weites Spektrum von der Tradition zur unmittelbaren Gegenwart, in kleinen Formen, aber deswegen sind es keine bloßen „Appetithäppchen". Die Initiative der Veranstalter und die nachfolgende Tonträgerproduktion ist außerordentlich begrüßenswert und sei zur Nachahmung empfohlen.
Dr. Hartmut Lück † [16.04.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georg Katzer | ||
1 | An Louise (Maschinentanz) | 00:06:16 |
Valerio Sannicandro | ||
2 | Intra lumina | 00:05:38 |
Martin Matalon | ||
3 | Mobiles | 00:06:44 |
Ludger Brümmer | ||
4 | Lines, Puzzles | 00:07:42 |
Sidney Corbett | ||
5 | Among the Lemmings | 00:06:58 |
Philippe Hurel | ||
6 | Praeludium | 00:04:04 |
Nina Senk | ||
7 | Echo II | 00:05:31 |
Oliver Schneller | ||
8 | Wu Xing/Fire | 00:05:32 |
Florence Baschet | ||
9 | AntePrima | 00:06:30 |
Detlef Heusinger | ||
10 | Tripelkonzert für Oboe d'amore, Viola, Cembalo und Orchester (Landschaft im Osten) | 00:11:26 |
Daniel Teruggi | ||
11 | Circling Waters | 00:08:47 |
CD/SACD 2 | ||
1 | In Hyperventilation | 00:02:53 |
Nicola Sani | ||
2 | Seascapes | 00:06:21 |
Giovanni Verrando | ||
3 | The Sinopia of Dulle Griet | 00:07:27 |
Thomas Meadowcroft | ||
4 | Peacemaker Tattoo | 00:05:07 |
Robert H.P. Platz | ||
5 | Blau, See I | 00:05:07 |
Annette Schlünz | ||
6 | De lonh | 00:03:12 |
Luis de Pablo | ||
7 | Largo En torno a una antigua canción popular | 00:04:30 |
Atli Ingólfsson | ||
8 | Mani | 00:07:37 |
Jörg-Peter Mittmann | ||
9 | Phantasma | 00:10:22 |
Jeffrey Roberts | ||
10 | Shadows of Tang | 00:04:45 |
Hiroyuki Itoh | ||
11 | A Chant from the East | 00:05:29 |
Jacopo Baboni Schilingi | ||
12 | Natura Phoenix | 00:05:43 |
Chaya Czernowin | ||
13 | Esh | 00:09:03 |
Interpreten der Einspielung
- Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus (Orchester)
- Evan Christ (Dirigent)