Gaspard Fritz 5 Sinfonias

cpo 777 696-2
1 CD • 66min • 2011
26.04.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wie sich die Zeiten ändern! Als Charles Burney, der englische Reisende in Sachen Musik, den Geiger und Komponisten Gaspard Fritz 1770 in dessen Heimatstadt Genf besuchte, beschreibt er den damals gerade 54-jährigen als „alten, hageren Mann". Mit 54 Jahren galt man damals also bereits als alt. Dennoch bescheinigt er ihm trotz seines „Alters" einen Bogenstrich von geradezu jugendlichem Eifer und einen Ausdruck von bewundernswerter Schönheit.
Gaspard Fritz, von Person und Werk heute eigentlich nur noch Insidern bekannt, war Schüler des berühmten italienischen Corelli-Schülers Giovanni Battista Somis und zu seiner Zeit ein gefeierter Violinsolist, Pädagoge und erfolgreicher Komponist, dessen Werke in verschiedenen Ländern Europas im Druck erschienen. Sogar Georg Friedrich Händel zählte zu seinen Bewunderern.
Hört man seine Musik heute unvoreingenommen, so überraschen in der Tat Frische und Originalität seiner Kompositionen. Die auf dieser CD vereinten Sinfonien entstammen zwei verschiedenen Sammlungen: Opus I, Sei Sonate a quattro strumenti, erschien 1742, Opus VI entstand etliche Jahre später, vermutlich erst nach 1770. Dementsprechend unterscheiden sich die Sinfonien in Besetzung und Stil: Während die früheren lediglich mit Streichern und Cembalo besetzt und in ihrer Tonsprache noch ganz dem Empfindsamen Stil verpflichtet sind, deutet die spätere Sammlung mit ihrem um Bläserstimmen erweiterten Orchesterapparat bereits auf die kommende Klassische Epoche hin. Fritz' stets kontrastreiche Musik voller überraschender melodischer und harmonischer Wendungen verdient es durchaus, wieder gehört zu werden! Erwähnt seien etwa das zauberhafte Andante und der originelle, sich aus einem Presto unerwartet verbreiternde Schlusssatz aus op. VI,6, und selbst in den früheren, noch „traditionelleren" Sinfonien wirkt seine Tonsprache individuell, niemals routiniert oder abgegriffen. Manche Wendung lässt an Mozarts etwa zur gleichen Zeit mit op. VI entstandenen Salzburger Divertimenti denken. Musik eines jungen „alten" Mannes!
Michael Schneider und sein Frankfurter Barockorchester La Stagione präsentieren Fritz' Sinfonien mit engagierter Verve und Sinn für die klanglichen Feinheiten, Carsten Erik Oses ausgezeichneter Booklet-Text erhellt die Hintergründe der Werke.
Wieder einmal eine verdienstvolle Veröffentlichung aus dem Hause cpo, die den Beweis antritt, dass die „kleine" Schweiz im 18. Jahrhundert nicht nur auf dem Felde der Literatur (etwa mit Carl Friedrich Drollinger, Salomon Gessner oder Albrecht von Haller), sondern auch in der Musik prominente Persönlichkeiten von Rang hervorgebracht hat.Man darf dieser CD wünschen, den Grundstein zu einer „Wiederbelebung" des Schaffens von Gaspard Fritz gelegt zu haben.
Heinz Braun † [26.04.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Gaspard Fritz | ||
1 | Sinfonia G-Dur op. 6 Nr. 3 | 00:12:52 |
4 | Sinfonia A-Dur op. 1 Nr. 6 | 00:11:28 |
7 | Sinfonia g-Moll op. 6 Nr. 6 | 00:14:11 |
10 | Sinfonia F-Dur op. 1 Nr. 5 | 00:11:35 |
13 | Sinfonia F-Dur op. 6 Nr. 5 | 00:15:53 |
Interpreten der Einspielung
- La Stagione Frankfurt (Orchester)
- Michael Schneider (Dirigent)