C.P.E. Bach
The Solo Keyboard Music Vol. 22
Achtzehn Probe-Stücke in sechs Sonaten
BIS 1762
1 CD • 68min • 2008
14.02.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In einem Anhang zum ersten Teil seines Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen hat Carl Philipp Emanuel Bach als praktische Umsetzung seiner theoretischen Argumentation „18 Probestücke in 6 Sonaten“ beigefügt. In diesem 1753 gedruckten Kompendium arbeitet der Komponist neben der rein handwerklichen Technik des Klavierspiels samt eines ausgeklügelten Fingersatzes die wesentlichen Merkmale des Ausdrucks und des Geschmacks seiner Zeit heraus. Der Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen zählt deshalb zu den wichtigsten Quellen für die historische Aufführungspraxis in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Den angefügten „18 Probestücken“ kommt über die reine Beispielsammlung verschiedenster Verzierungstechniken und mannigfachen Hinweisen auf die Art des musikalischen Vortrags auf den Clavierinstrumenten hinaus besondere Bedeutung bei, denn in diesen zu dreisätzigen Sonaten zusammengefügten Werkgruppen schreibt Carl Philipp Emanuel Bach den Notentext und die von ihm vorgesehene Ausführung in einer Genauigkeit aus, wie er es vorher in seiner Tastenmusik noch nie praktiziert hatte. Auf Ausdruck und Inhalt weisen so diffizile Satzbezeichnungen wie Allegretto tranquillamente, Andante ma innocentemente, Andante lusingando, Allegretto arioso ed amoroso hin, festgelegt sind Tempi, Phrasierungen und Anschlagsarten, der dynamische Ambitus reicht über eine Vielzahl von Zwischenstufen vom dreifachen pianissimo bis zum zweifachen fortissimo. Dies sind Ausführungsvorschriften, die vormals undenkbar gewesen wären, denn man rechnete beim Komponieren immer mit Musikern, die um Inhalt und Gehalt der Komposition wissen und den musikalischen Ausdruck erfassen.
Hier wendet sich Carl Philipp Emanuel Bach nun explizit an seine Schüler. Auf dem Cembalo – der Hammerflügel war zu dieser Zeit noch nicht zu der nötigen Reife gelangt – lassen sich alle diese Ausführungsregeln nur sehr bedingt realisieren, Bachs Sympathie gilt daher dem Clavichord, dessen wandlungsfähiger und zarter Klang sich besonders zur Wiedergabe feinster Schattierungen des Ausdrucks eignet. Außerdem kann auf diesem Instrument dank seiner Bauweise mittels der mechanischen Bebung der Taste auf dem Ton ein Vibrato erzeugt werden, ein wesentliches Moment für ein empfindsames Spiel.
Miklós Spányi, der Solist der vorliegenden Einspielung von Carl Philipp Emanuel Bachs „Probestücken“ ist ein ausgewiesener Kenner der Materie und hat für die Aufnahme natürlich das Clavichord gewählt. Er unterwirft sich mit seiner Herangehensweise bedingungslos dem intimen Charakter der Musik und den nuancenreichen Möglichkeiten des Instruments. In den langsamen Sätzen versteht er es, mit seiner atmenden und kantablen Linienführung wie seiner lebendigen Agogik und den Möglichkeiten der Dynamik deren rhetorischen Gestus zu erspüren und deren Ausdruckscharakter feingeistig herauszuarbeiten. Beherzt packt er die raschen Sätze an, die er in lebendiger Bewegung halten kann, ohne dabei jemals in ein wie auch immer geartetes starres Schema der Formulierung zu fallen. Mit spürbarer Freude lässt er den Zuhörer teilhaben an den überraschenden Richtungswechseln des musikalischen Duktus und an den unerwarteten Akzenten, die er impulsiv herausschnellen lässt, doch danach sogleich wieder innehält und eine für den empfindsamen Stil des Bachsohns so typische leichte Verzögerung nachschiebt, gleich einem nachdenklichen In-Frage-Stellen des soeben ausgesagten musikalischen Gedankens. Mikóls Spányi weiß dies alles in spielerischer Flexibilität unter einen organischen und ungemein spannkräftigen Bogen zu bringen, der den Zuhörer über die Zeitdauer von knapp 68 Minuten zu fesseln vermag.
Thomas Bopp [14.02.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Carl Philipp Emanuel Bach | ||
1 | Sonate Nr. 1 Wq 63/1 H 70 | 00:06:53 |
4 | Sonate Nr. 2 Wq 63/2 H 71 | 00:08:16 |
7 | Sonate Nr. 3 Wq 63/3 H 72 | 00:11:13 |
10 | Sonate Nr. 4 Wq 63/4 H 73 | 00:11:38 |
13 | Sonate Nr. 5 Wq 63/5 H 74 | 00:11:49 |
16 | Sonate Nr. 6 Wq 63/6 H 75 | 00:16:37 |
Interpreten der Einspielung
- Miklós Spányi (Cembalo)