Britten conducts Britten
SWRmusic 94.213
1 CD • 67min • 1956
30.09.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Als Benjamin Britten und Peter Pears im Dezember 1956 nach Baden-Baden kamen, um verschiedene Rundfunkaufnahmen und ein Konzert zu absolvieren, waren kaum dreieinhalb Jahre vergangen, seit der vielgerühmte britische Orpheus und „neue Purcell“ seine hochnotpeinliche „Krönungspleite“ erlebt hatte: Die zur Inthronisation Elizabeths II. entstandene Festoper Gloriana prallte, wie Rainer Peters bildhaft in seinem Einführungstext erinnert, an der Gleichgültigkeit eines handverlesenen und daher völlig desinteressierten Publikums ab und versetzte dem damals eben vierzigjährigen Komponisten einen begreiflich schweren Schlag ...
Da klingt es fast wie eine kleine, gelungene Revanche, dass er Ende 1956 beim Südwestfunk unter anderem die sinfonische Suite aus der nämlichen Oper aufs Programm setzte und gemeinsam mit Peter Pears, der hier als Interpret des „Lautenliedes“ wieder einmal hinreißend ist, den deutschen Hörern demonstrierte, welch hohe Qualitäten sich in der Partitur verbergen: Brittens Fähigkeit, mit seiner ganz eigenen Diktion das elisabethanische Zeitalter aufleben zu lassen, historische Atmosphäre zu verklären und in die Gegenwart zu holen – allein diese leichte Zauberhand hätte die Besucher der Uraufführung entzücken müssen, wenn sie denn außer der idiomatisch steifen Oberlippe auch nur einen Hauch an künstlerischer Empfindsamkeit mitgebracht hätten.
Vermutlich gingen auch die Variationen über ein elisabethanisches Thema im allgemeinen Sehen-und-Gesehen-Werden unter. Britten hatte diese hübsche Sequenz über Sellingerís Round von William Byrd gemeinsam mit verschiedenen Kollegen verfasst: Arthur Oldham, Michael Tippett, Lennox Berkeley, Humphrey Searle und William Walton schrieben ihre Charaktervariationen, und Britten, der Initiator selbst, steuerte als vierte Veränderung ein kleines Sätzchen namens „Quick and Gay“ bei – Gelegenheitsmusik vielleicht, und doch eine mehr als bloß nette Huldigung für eine junge Majestät.
Den tiefsten Eindruck hinterlässt klarerweise auch in dieser historischen Monoproduktion die Sinfonia da Requiem, über deren authentische Wiedergabe gewiß kein Wort zu verlieren ist: Die räumliche Enge und alle damit einhergehenden Detailverluste sind rein äußerliche Defizite, über die sich der Schöpfer der Musik leicht hinwegsetzt, um etwas von seinem letztlich doch immer „kindlichen“ Naturell zu vermitteln, das, wenn wir genau hinhören, selbst dem Dies Irae etwas von den vordergründigen Endgültigkeitsschrecken nimmt und sich beim abschließenden Requiem aeternam nach einer quasi utopischen Reinheit und Seligkeit sehnt.
Rasmus van Rijn [30.09.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Benjamin Britten | ||
1 | Sinfonische Suite op. 53a (Gloriana) | 00:25:08 |
5 | Sinfonia da Requiem op. 20 | 00:20:07 |
8 | Variationen über ein Elisabethanisches Thema | 00:15:15 |
15 | Chaconne F major (from: King Arthur Z 628) | 00:05:08 |
Interpreten der Einspielung
- Peter Pears (Tenor)
- SWR Sinfonieorchester (Orchester)
- Benjamin Britten (Dirigent)