Jan Gerdes
Gelände/Zeichnung
edition zeitklang ez-26028
1 CD • 74min • 2007
17.03.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Das Booklet der neuen CD vom Pianisten Jan Gerdes illustriert mit kargen Wüstenlandschaften, Gebirgsketten und Gletschern eine introvertiert scheinende Klangwelt. So frei von zivilisatorischen Störfaktoren diese Landschaftsfotografien sind, so kann das Hören dieser kompromisslosen Einspielung zunächst bestimmte Aspekte „akustischer Verschmutzung“ offenlegen. Vor allem, wenn Jan Gerdes im letzten Stück, der Komposition Lichtstudie III von Jörg Widmann, den Momenten der Stille immer mehr Raum gewährt, scheinen selbst das Laufgeräusch des CD-Spielers oder das Rauschen der Raumheizung aufdringlich.
Aus Zeit und Raum herausgelöst, so mutet das akustische Geschehen dieser Neuerscheinung aus der Zeitklang-Edition an. Was zunächst spröde und unzugänglich wirkt, gewinnt durch allmähliches Sich-Einlassen an Vielgestaltigkeit, an kargem Zauber. Das entführt in meditative Zustände, die den abgebildeten stillen, weiträumigen Landschaften (Island?) in ihrer ästhetischen Faszination entsprechen.
Titelgebend für die erste Komposition auf dieser CD ist Gelände / Zeichnung von Philipp Maintz. Sie offenbart unmittelbar auf sich selbst bezogen wirkende Klangballungen, zudem sorgt eine raffiniert im Raum modulierende Live-Elektronik für die „geisterhafte“ Überhöhung des eigenwilligen Klavierklanges.
Sidney Corbetts Piano Valentines dringen dann skizzenhaft in lyrisch-fragiles Terrain vor. Jan Gerdes formt hier kleine Mikrokosmen im Zweiminutenformat, die eine schwerelose Intimität verströmen – inmitten des ansonsten eher abstrakten Repertoires auf diesem Tonträger! Die Kompositionen von Peter Gahn und Bernfried E.G. Pröve stellen dann wieder – oft mit verblüffendem Facettenreichtum –– die physischen Potenziale des Klavierklanges ins Zentrum. In Pröves Ataraxie II steigert sich Jan Gerdes Spiel zu extrovertierter, wild zerklüfteter Geste, die nicht zuletzt Gerdes Affinität zum Perkussiven offen legt.
Der von Gerdes benutzte Grotrian-Steinweg-Flügel schmeichelt hier wohl kaum blendender Brillanz, sondern offenbart dafür umso stärker seine dunkle Tiefendimension. Vor allem schöpft Jan Gerdes die schier endlosen Möglichkeiten einer subtilen Formung von Anschlag und Ton aus. Mit langem Atem werden Nachschwingvorgänge ausgekostet, füllen extreme Basstöne den Raum – selbst die Laute der Hebelmechanik wirken zuweilen unverzichtbar in dieser herben Dramaturgie.
Stefan Pieper [17.03.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Philipp Maintz | ||
1 | Klavierstück No. 2 for Piano and Live Electronics (gelände/zeichnung) | 00:11:33 |
Sidney Corbett | ||
2 | Piano Valentines (Nr. 1-10) | 00:25:16 |
Peter Gahn | ||
12 | mit geliehener Aussicht | 00:11:36 |
Bernfried E. G. Pröve | ||
13 | Ataraxie II für Klavier | 00:04:41 |
Jörg Widmann | ||
14 | Lichtstudie III | 00:20:01 |
Interpreten der Einspielung
- Jan Gerdes (Klavier)