Christian Lindberg
A Composer's Portrait II

BIS 1658
1 CD • 76min • 2007
11.07.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
“Musik ist etwas gänzlich Abstraktes,” beginnt Christian Lindberg den Text zum zweiten Teil seines Komponistenportraits: „Wir wissen nicht, woher ihre gewaltigen Kräfte rühren ... Auch ihr außerordentlicher Einfluß auf die Menschen ist etwas, das wir kaum verstehen können – sie hat eine unglaubliche Macht. Hört man wirklich aufmerksam hin und gönnt dem Intellekt eine Pause, dann ist Musik einfach da. Komponieren bedeutet daher recht eigentlich, das Denken sein zu lassen und der Musik Raum zu gewähren.” Woraus er, in sich durchaus schlüssig, zu der Folgerung kommt, daß jede weitere Erklärung „prätentiöser Unsinn” wäre.
So weit ist das ein legitimer Blickwinkel, den ich zumindest vorübergehend einnehmen kann, um Christian Lindberg und seine zum Teil schnurrigen, schrulligen und skurrilen Kompositionen anzuhören. In Zweifel bringt er mich dann freilich, wenn er mit der beliebten Gedankenrochade „aber trotzdem” sich dann doch seitenlang über die Stücke verbreitet und uns – statt Abstraktes denn auch abstrakt zu lassen – mit Unmengen an Bedeutungen und Einfällen überzieht, die, wenn wir sie als Maßstäbe und Verständnishilfen anlegten, kläglich versagen müssen. Was eben noch recht unterhaltsam war – wie zum Beispiel Asa für elektrische Geige, Posaune, verstärktes Cembalo und verstärkte Streicher –, stürzt uns jäh in auswegloses Grübeln. Es mag ja sein, daß das Stück aus einer Betrachtung des altnordischen Asa-Kultes um den Gott Æsir entstanden ist: Der Hinweis lenkt uns Hörende jedoch auf einen völlig falschen, nicht nachzugehenden Pfad und geht überdies von der objektiv wie subjektiv unhaltbaren Prämisse aus, wonach unsere Welt „allmählich die Koexistenz unterschiedlicher Religionen akzeptieren lernt” (was ein kapitaler Unfug ist angesichts der mannigfachen Vormachtkämpfe, die sich hinter pseudotoleranten Spiegelfechtereien verbergen). Ein paar technische Details hätten absolut ausgereicht, um die flotten Stücke erläuternd zu flankieren. Oder der Autor und Komponist hätte gleich einen poetischen Ton angeschlagen, um die Gefühlswerte seiner kaleidoskopisch schillernden Musik zu untermalen...
Am Ende kann man aber wieder einmal nur staunen über Christian Lindbergs virtuosen Umgang mit seiner „Kanne” – insbesondere im Gipsy Kingdom für Posaune und Streichquartett, einem meiner Favoriten auf dieser CD – und über das ebenfalls recht packende Trompetenkonzert Akbank Bunka, in dem der sensationelle Ole Edvard Antonsen seinen grandiosen, unverwechselbaren Ton und seine irrwitzige Zungenfertigkeit zu allseitigem Vergnügen einsetzen kann. Das ist in der Tat ein ideales Stück für ein perfektes Mundwerk.
Rasmus van Rijn [11.07.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Christian Lindberg | ||
1 | Asa | 00:10:33 |
4 | Joae Jack Binglebandit | 00:05:29 |
5 | Akbank Bunka | 00:15:32 |
8 | Gipsy Kingdom | 00:12:02 |
9 | Of Blood So Red | 00:27:20 |
20 | Bombay Bay Barracuda | 00:03:04 |
Interpreten der Einspielung
- Richard Tognetti (Violine)
- Australian Chamber Orchestra (Orchester)
- Neal Peres da Costa (Cembalo)
- Christian Lindberg (Posaune, Dirigent)
- Ole Edvard Antonsen (Trompete)
- Nordic Chamber Orchestra (Orchester)
- Swedish Chamber Orchestra (Orchester)