Nuova Era Internazionale 224173
1 CD • 49min • 2006
20.03.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Am 1. Februar 2007 ist Gian Carlo Menotti im biblischen Alter von fast 96 Jahren gestorben. Er war eine der umtriebigsten und vielseitigsten Erscheinungen des amerikanischen und europäischen Musikbetriebs: Komponist und Librettist (nicht nur eigener Werke), Regisseur und Festspielleiter. Seine zahlreichen Opern (zuletzt der für Placido Domingo geschriebene Goya) haben beim Publikum „beider Welten” stets großen Anklang gefunden, während sie von der Kritik oft als zu rückwärtsgewandt, ja anachronistisch abgelehnt wurden.
Nuova Era hat im vergangenen Jahr, möglicherweise aus Anlaß des 95. Geburtstages, einige frühere (hier nicht datierte) Aufnahmen zu einer kleinen Hommage zusammengefügt, die einige (bei weitem nicht alle) Facetten des Komponisten zeigt.
Menotti war ein begnadeter Eklektiker mit einem untrüglichen Theatersinn, was ihm auch von seinen hartnäckigsten Kritikern nie abgesprochen wurde. Während er in den ernsten Musikdramen wie The Medium und The Consul musikalisch die Tradition Puccinis und der Veristen fortsetzte, läßt er in den heiteren Stücken Amelia goes to the ball und The Telephone die Opera Buffa des Settecento wieder aufleben und begibt sich damit in die Nachfolge Wolf-Ferraris.
Der 25minütige Einakter The Telephone ist eine reizende musiktheatralische Petitesse. Ben, kurz vor der Abreise, möchte Lucy ein Liebesgeständnis machen, wird dabei aber ständig durch das Klingeln des Telefons unterbrochen, von dem seine Braut abhängig zu sein scheint. Schließlich geht er und bringt sein Anliegen aus der nächsten Telefonzelle vor. Menotti zitiert in dem auch musikalisch ganz leichtfüßigen, im Orchestersatz transparenten Stückchen vielfach ironisch die große Oper, deren Lyrismen er mit flotten Rhythmen aus der Unterhaltungsmusik konfrontiert. Das Mailänder Kammerorchester unter Paolo Vaglieri setzt diese Vorgaben ebenso adäquat um wie die beiden Sänger Anne Victoria Banks und Gian Luca Ricci.
Die 1967 für die reife Elisabeth Schwarzkopf komponierten Canti della lontananza erfordern dagegen mehr stimmliche Substanz als sie Frau Banks aufzubieten hat. Sie ist eine lyrische Koloratursoubrette, die bei stärkeren Gefühlswallungen schnell piepsig und schrill wird.
Gleichsam als Bindeglied zwischen den Vokalstücken fungieren hier Ricercare and Toccata for Piano (1953), die auf einem Thema der Rundfunkoper The Old Maid and the Thief basieren und von Silva Costanzo auf gutem künstlerischen Niveau realisiert werden.
Ekkehard Pluta [20.03.2007]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Gian Carlo Menotti | ||
1 | The Telephone or L'amour à trois | |
2 | Ricercare and Toccata for Piano (über ein Thema aus The Old Maid and the Thief) | |
3 | Canti della lontananza |
Interpreten der Einspielung
- Anne Victoria Banks (Lucy - Sopran)
- Gian Luca Ricci (Ben - Tenor)
- Orchestra da Camera di Milano (Orchester)
- Paolo Vaglieri (Dirigent)
- Silva Costanzo (Klavier)