Testament SBT 1394
1 CD • 72min • 1967, 1968
15.12.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Von den sieben Sinfonien Sergej Prokofieffs haben nur die erste (Symphonie classique) und die fünfte einen angemessenen Platz im Repertoire gefunden. Den übrigen begegnet man selten im Konzertsaal, und auch im CD-Katalog sind sie nur spärlich vertreten. Umso mehr ist die Veröffentlichung einer Serie von Prokofieff-Aufnahmen zu begrüßen, die Erich Leinsdorf in den sechziger Jahren mit dem Boston Symphony Orchestra für RCA eingespielt hat und die auch drei der weniger bekannten Sinfonien enthält.
Die 1924 in Paris uraufgeführte Zweite, nach Prokofieffs eigenen Worten ein „Werk aus Stahl und Eisen“, zeigt den Komponisten von seiner avantgardistischsten Seite. Die orchestrale Tour de Force des von agressiven Rhythmen und schneidenden Dissonanzen geprägten ersten Satzes kontrastiert aufs Stärkste mit dem fantasievollen Variations-Satz, der wundervolle lyrische Momente einschließt. In der Dritten von 1928 fügte Prokofieff Material aus seiner drei Jahre zuvor abgeschlossenen Oper Der feurige Engel zu einer neuen, bezwingenden Einheit zusammen. Ein traumhaftes Andante und ein wild dahinrasendes Scherzo sind Höhepunkte eines Werkes von außerordentlicher Intensität, in dem Prokofieff selbst eine seiner besten Partituren sah. Die populäre Fünfte aus dem Jahr 1944 erfährt durch Leinsdorf und die Bostoner eine ebenso noble wie effektvolle Wiedergabe. Ein durch die Erfahrungen der Kriegsjahre gereifter Komponist begegnet uns schließlich in der sechsten Sinfonie von 1947. Das in der seltenen Tonart es-Moll geschriebene dreisätzige Werk rührt an tiefere Schichten als alle seine Vorgänger und zeigt in seiner kunstvollen Anlage Prokofieff im Vollbesitz seiner Meisterschaft.
Leinsdorfs Einspielungen dieser Werke waren und sind maßstabsetzend – eine perfekte Gratwanderung zwischen Pathos und Parodie, Artistik und Emotion. Nichts entgeht seiner Kontrolle und selbst in größten Turbulenzen wahrt er eine Spur von Distanz. Das Bostoner Orchester, das bereits unter seinem langjährigen Chef Serge Kussewitzky eine besondere Affinität zur Musik Prokofieffs entwickelt hatte, realisiert die komplexen Partituren mit seltener Perfektion und Brillanz. Nirgends sonst hat man das tänzerische Element so sehr als treibende Kraft von Prokofieffs musikalischem Denken erfahren – und dies nicht nur in der Ballettmusik Romeo und Julia, aus der Leinsdorf eine eigene, genau am Handlungsablauf orientierte fünfzigminütige Auswahl präsentiert. Abgerundet wird das kleine Prokofieff-Kompendium durch die köstliche Suite aus der Filmmusik Leutnant Kijé. Für die gefühlvolle Romanze und das Solo in der Troika wählte Leinsdorf die Originalfassung mit Gesang. Dass der Name des vorzüglichen Baritons David Clatworthy nirgends erwähnt wird, ist der einzige kleine Schönheitsfehler an dieser empfehlenswerten Edition.
Sixtus König † † [15.12.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sergej Prokofjew | ||
1 | Romeo und Julia (Ballettmusik) | |
2 | Lieutenant Kijé op. 60 (Sinfonische Suite) |
Interpreten der Einspielung
- Boston Symphony Orchestra (Orchester)
- Erich Leinsdorf (Dirigent)