Testament SBT2 1376
2 CD • 2h 23min • 1965, 1967, 1969
23.05.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Im deutschen Katalog der 60er Jahre sind nicht allzu viele amerikanische RCA-Einspielungen des Pianisten John Browning (1933-2003) erschienen. Vor allem eine Ravel-Zusammenstellung und die 24 Etüden von Chopin erlangten Beachtung in Fachkreisen, aber – ob ihrer Kühle – wurden sie auch getadelt. Mit Browning (dem Widmungsträger des Barber-Klavierkonzerts! – verhielt es sich ähnlich wie mit seinem Kollegen Gary Graffmann. Zahlreiche seiner kantigen, gedankenscharfen US-Aufnahmen mussten Sammlern per Post bzw. per Tonband geliefert werden. Aber noch eine pianistische Schicksalsparallele muß erwähnt werden. So wie Graffmann, Fleisher und Van Cliburn war auch Browning keine lange Karriere beschieden. Gesundheitliche Probleme und anderweitige Schwierigkeiten setzten allen Plänen und Möglichkeiten ein Ende.
Unter diesen Umständen ist es dem Label Testament (jetzt unter dem Dach der zum „Entertainment“ fusionierten Häuser Sony und BMG) zu danken, Brownings zwischen 1965 und 1969 entstandene Bostoner Aufnahmen zugänglich zu machen. Browning zeigt sich im Vollbesitz manueller und gedanklicher Kräfte, das heißt: die zum Teil technisch und physisch enormen Belange (Kadenz im Kopfsatz des g-Moll-Konzerts!) wirken ohne jede Bedrängung ausgelotet, gesteigert und je nach Werkdramaturgie wieder zurückgeregelt. Browning arbeitet, aber er schwitzt nicht, er läßt den Hörer mitlesen. Sicher gibt es im konzertanten Einzelfall noch prächtigere, aufregenderen Varianten (siehe unten), aber diese erste aller Gesamtaufnahmen verdient ob ihrer Geschlossenheit und der superben Orchestermitarbeit mehr als nur die Beachtung von Sammlern und Klavierhistorikern.
Als Zugabe hat der Herausgeber eine ebenso wichtige Aufnahme aus Leinsdorfs Bostoner-Periode angefügt. Und auch da handelt es sich um einen Künstler, dem keine lange Karriere wie seinen Lehrern Milstein und Heifetz beschieden sein sollte: um den 1939 geborenen Erick Friedman. Prokofieffs arioses D-Dur-Konzert erklingt, erbebt hier in bewegter Melancholie, bis ins letzte Detail durchgehört und ausgeformt. – Nicht nur nebenbei bemerkt: ausführliche, kenntnisreiche Beiheftgestaltung von Robert Layton (in deutscher Fassung von Eckhardt van den Hoogen).
Peter Cossé † [23.05.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sergej Prokofjew | ||
1 | Klavierkonzert Nr. 1 Des-Dur op. 10 | |
2 | Klavierkonzert Nr. 2 g-Moll op. 16 | |
3 | Klavierkonzert Nr. 3 C-Dur op. 26 für | |
4 | Klavierkonzert Nr. 4 B-Dur op. 53 (für die linke Hand) | |
5 | Klavierkonzert Nr. 5 G-Dur op. 55 | |
6 | Konzert Nr. 1 D-Dur op. 19 für Violine und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- John Browning (Klavier)
- Erick Friedman (Violine)
- Boston Symphony Orchestra (Orchester)
- Erich Leinsdorf (Dirigent)