Supraphon SU 3696-2
1 CD • 76min • 1962, 1965
01.12.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Es dürfte für den heutigen Hörer schwer sein, sich in das Lebensgefühl und das damit verbundene Hör-Verhalten eines Russen kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs hineinzuversetzen. Sergei Eisensteins unglaublicher Erfolg seines patriotischen Historienfilms Alexander Newski im Dezember 1938 ist jedoch gewiß auch der äußerst wirkungsvollen, realistischen und den nationalen Kolorit treffenden Filmmusik zu verdanken. Prokofieeff nutzte die ihm günstige Stunde, eine eigenständige Konzertversion der Musik vorzulegen, dramaturgisch neu und ausschließlich nach musikalischen Kriterien aufgebaut. Trotz des offensichtlichen Pathos’ und des pompös gefärbten Klassizismus hat das Werk seine Ecken und Kanten, eine eigenartig rohe Expressivität und gelegentlich die Drastik eines von drei Dampflokomotiven gezogenen Güterzuges.
Der große Karel Ancerl (1908-1973) dirigiert diese orchestral-chorische Dampfmaschine nicht nur mit balletthaft-tänzerischem Elan, er hält stets Wucht und Schwerkraft im Lot, knetet den Klang elastisch und gibt ihm ein vielfarbig-intensives Innenleben, was den Impetus der Musik erträglich macht. Diese immer wieder geradezu körperlich und handwerklich spürbare Formkraft gibt auch den puren und rohen, unverkünstelten Aspekten der Musik den notwendigen Raum, ein musikalisches Gegengewicht zu bilden und so affirmativen Monumental-Kitsch zu verhindern. Dabei entfaltet Ancerl auch in dem großen rhythmisch-formalen Bogen ungeahnte Kräfte von einer geradezu technologisch anmutenden Unerbittlichkeit, etwa in der „Schlacht auf dem Eis“, dem umfangreichsten und wirkungsvollsten Satz der martialischen Kantate. Diese aus dem klanglichen Atmen sich formende und insofern niemals schlackenlose Art des Musizierens fasziniert auch in der Interpretation des späten sinfonischen Cello-Konzerts.
Hans-Christian v. Dadelsen [01.12.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Sergej Prokofjew | ||
1 | Alexander Newski op. 78 für Mezzosopran, gemischt. Chor und Orchester | |
2 | Sinfonisches Konzert e-Moll op. 125 für Violoncello und Orchester |
Interpreten der Einspielung
- Vera Soukupova (Mezzosopran)
- André Navarra (Violoncello)
- Prague Philharmonic Choir (Chor)
- Tschechisches Philharmonisches Orchester (Orchester)
- Karel Ančerl (Dirigent)