Supraphon SU 3515-2
1 CD • 73min • 2003
22.03.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Als Zoltán Kodály 1915 seine Sonate für Cello solo schrieb, brach er damit einen seit dem Tod Bachs bestehenden Bann, war die Cellosolosonate doch bis dahin eine praktisch ausgestorbene Gattung. Dass Kodály damit nicht nur die Wiederbelebung der Cellosololiteratur entscheidend beeinflusste, sondern zudem sein wohl anspruchsvollstes Werk verfasste, ist ein Glücksfall der Musikgeschichte.
Die Komplexität dieses dreisätzigen und fast 35 Minuten langen Werkes fassbar zu gestalten, ist die große Herausforderung in der Interpretation dieses Opus Magnum der Celloliteratur des frühen 20. Jahrhunderts. Jiri Bárta stellt sich ihr in sehr subjektiver Weise. Sein enorm engagiertes Spiel (nicht zuletzt hörbar am heftigen Atem des Spielers) scheint die einzelnen Töne ebenso wie ganze Phrasen aus der Tiefe eines mit Cellotönen gefüllten Erdloches herauszugraben und sie in der Höhe mit flirrender Intensität anzureichern. Diese Metapher verdeutlicht zugleich Bártas vom improvisatorischen Charakter der Komposition bestimmten Interpretationsansatz, der mehr die klanglich-phänomenologischen als die strukturellen Momente hervorhebt. Sein Spiel klingt ausgesprochen lustvoll und authentisch.
Der Zug, in die Tiefen der Musik hineinzutauchen und sie mit Atem zu erfüllen, kennzeichnet auch die Interpretation von Kodálys Cellosonate op. 4. Mit Jan Cech steht Bárta ein sehr konzentrierter und wacher Partner am Klavier zur Verfügung. Bereits die ersten Klaviereinsätze des stark in sich gekehrten Beginns zeugen von der Ernsthaftigkeit, mit der sich Bárta und Cech Kodály nähern. Aber auch die mehr diesseitig orientierten, tänzerischen Passagen werden von den beiden tschechischen Musikern mit spannungsgeladener Intensität gespielt.
Das Klangbild ist ausgesprochen trocken und direkt. Dies kommt diesen beiden Werken der geringen Dichte des Klaviersatzes wegen auch zugute, die Musiker scheinen direkt im Hörraum anwesend zu sein.
Weniger passend ist diese Aufnahmephilosophie bei der Interpretation von Vítezslavs Nováks Cellosonate op. 68 aus dem Jahre 1941. Das stark emotional aufgeladene Werk im erweiterten spätromantischen Klanggewand, ein auskomponierter Protest gegen die nationalsozialistische Willkür nach der Annektierung Tschechiens, klingt gepresst und übermäßig verdichtet.
Robert Spoula [22.03.2004]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Zoltán Kodály | ||
1 | Sonate op. 8 für Violoncello solo | |
2 | Sonate op. 4 für Violoncello und Klavier | |
Vítezslav Novák | ||
3 | Sonate op. 68 für Violoncello und Klavier (1941) |
Interpreten der Einspielung
- Jirí Bárta (Violoncello)
- Jan Cech (Klavier)