Sony Classical CB 811
1 CD • 61min • 2000
01.12.2000
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Ein interessantes, zuweilen in der persönlichen Aussage etwas vorfabriziert wirkendes Fernsehporträt mit (u.a.) Ausschnitten aus Rachmaninoffs drittem Konzert in Erinnerung, hätte ich eine Plattenaufnahme eher unter der Leitung von Zubin Mehta erwartet. Die Planungen der großen CD-Betreiber laufen nach anderen Regeln – und wir Hörer sind angehalten, diese zu akzeptieren. Ich tue es in diesem Fall mit heftiger Zustimmung, denn James Levine (und die Berliner Philharmoniker) geben Volodos in den schönen, abgründigen und brachial-äußerlichen Passagen des d-Moll-Konzerts genau jene farbliche und argumentative Kulisse (bzw. Widerrede), die ein fulminant begabter, hochvirtuoser und tendenziell mit sich und seinem Klavierspiel beschäftigter Pianist nötig hat. Volodos spielt hier zum Glück nicht nur blendend und schnell Klavier, er nutzt die melodischen Urqualitäten des Eingangsthemas zu Expressivität sozusagen auf engstem Raum. Und er ist in der Lage, noch im vertracktesten, quasi-polyphonen Klavierornament auf die Vor- und Beigaben des Orchesters zu hören, so daß diese Aufnahme als eine der dialogfreudigsten des gesamten Katalogs zu feiern ist. Die Leichtigkeit und Spritzigkeit, mit der dieser intuitive Pianist die großen Akkordstrecken, die Kadenz im ersten Satz, die walzerversüßten Tonrepetitionen am Schluß des zweiten Satzes oder die Themenkompressionen des Finalabschnitts meistert, ja mehr noch: als schönste Nichtigkeiten dieser Klavierwelt kredenzt, vermag selbst Eingeweihte aufs Neue zu verblüffen. Wichtig indes ist, daß Volodos im Verlauf dieses Konzerts und nicht weniger mit den sechs "Zugaben" auch als Musiker, als Vermittler von Wesentlichkeiten zu überzeugen, in den besten Momenten auch zu rühren versteht. Aus dem Konvolut der Solostücke muß man seine vibrierende, herbstlich leuchtende Transkription (und Wiedergabe) des Andante-Satzes aus der Cellosonate op. 19 besonders hervorheben. Mit großer Selbstverständlichkeit folgt Volodos der Cellostimme, fügt sie mit dem klavieristischen Original zu einem organischen Ganzen zusammen, als habe Rachmaninoff persönlich diese freudvoll-tränenvollen sechs Minuten komponiert. Begrüßenswert ist auch, daß dieser junge und – wie man im Fernsehen erfahren konnte – naturliebende Künstler sich auch für weniger favorisierte Rachmaninoff-Stücke ereifert. Etwa für die kauzige Sérénade op. 3,5 oder die larmoyante Romance aus den Stücken op. 10.
Mein perspektivisches Fazit: Man darf Volodos gratulieren, man sollte ihm aber auch alles Gute wünschen, klaren Kopf für den Aufbau seiner Karriere zu behalten. Diese begnadeten Finger gilt es für eine gedeihliche Zukunft zu schützen. Auch oder gerade den Plattenproduzenten sind dabei Pflichten auferlegt, denen sie sich – um des schnellen Erfolgs willen – allzu gerne entziehen. Wollen wir hoffen, daß sie in diesem Fall mit Umsicht Vermarktung und Betreuung als ein und dieselbe Sache betrachten.
Peter Cossé † [01.12.2000]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sergej Rachmaninow | ||
1 | Konzert Nr. 3 d-Moll op. 30 für Klavier und Orchester | |
2 | Serenade op. 3 Nr. 5 | |
3 | Romance f-Moll für Violoncello und Klavier | |
4 | Prélude f-Moll | |
5 | Prélude d-Moll | |
6 | Étude-Tableau es-Moll op. 33 Nr. 5 | |
7 | Sonate g-Moll op. 19 für Violoncello und Klavier |
Interpreten der Einspielung
- Arcadi Volodos (Klavier)
- Berliner Philharmoniker (Orchester)
- James Levine (Dirigent)